Erledigt vom Erfolg: Gender Troubles am Jurasüdfuss

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Man stelle sich einmal vor, dass da ein kleiner, bescheidener Fussballklub am Jurasüdfuss tagaus, tagein sein Bestes gibt, um den so genannten Breitenfussball und seinen sozialen und pädagogischen Auftrag zu pflegen. Ursächlich mag das damit zusammenhängen, dass die erste Mannschaft des Klubs in die dritte Amateurliga abgestiegen ist, dort mehr schlecht als recht kickt und die sportliche Herausforderung zu Gunsten eines gemütlichen Vereinslebens halt etwas zurückstehen muss.

Nun gibt es in diesem Klub aber auch ein Frauenteam, welches in der obersten Schweizer Liga, der Nationalliga A, spielt. Während sich die Ausgaben für das Männerteam in bescheidenen regionalen Grenzen halten, reisen die Frauen für ihre Spiele nach Ruggell ins Liechtensteinische oder nach Lugano ins ferne Tessin. Sie brauchen teure Schiedsrichterinnen, und nachdem der Schweizerische Fussballverband in seiner unendlichen Weisheit verfügt hat, dass jedes Team, das in der Nationalliga A tschuttet, auch eine U-19, also ein Nachwuchsteam, haben muss, ergibt sich auch hier noch einmal ein finanzieller und organisatorischer Mehraufwand für den bescheidenen Jurasüdfussklub.

Einen Streit unter der Frauentrainerschaft nimmt der Vorstand des Vereins dann zum Vorwand, dem erfolgreichen Trainergespann des Frauen-A-Teams den Job zu kündigen. Denn dieser Höhenflug des Frauenteams - momentan immerhin drittbester Schweizer Klub - passt scheinbar nicht ins Bild eines Fussballvereins, der sich der Förderung des Breitensports verschrieben hat. Erledigt durch Erfolg! Hier sportliche Ziele, dort soziale Aspekte! Man stelle sich nun aber vor, dass das erste Männerteam plötzlich zu einem Höhenflug ansetzen würde. Wenn dieser nur schon in der zweiten

Liga interregional enden würde, gäbe es keine Diskussion um die benötigten finanziellen und organisatorischen Ressourcen, die der Verein aufbringen müsste. Ein Frauenteam jedenfalls ist nett und auch hilfreich, wenn es ums Kuchenbacken und Servieren an Klubturnieren geht.

Was bleibt dem allzu erfolgreichen Damenteam des FC Zuchwil mit seinem initiativen Trainer Peter Baumann anderes übrig, als einen eigenen Frauenfussballklub zu gründen? Zuchwil, ein Vorort Solothurns, ist also nach dem FC

LUwin.ch (ehemals FC Sursee) und Ruggell/Liechtenstein (ehemals Bad Ragaz) der dritte Schweizer Spitzenklub, der sich im Frauenfussball selbständig macht. Der neue Verein heisst jetzt FFC Zuchwil 05, man benützt einfach eine andere Sportanlage im Ort und hofft auf eine gütliche Abwicklung der Trennung. Das Budget steht, der Spielbetrieb ist gesichert, einen 300er-Klub an Sponsoren hat der Frauenklub schon länger. Probleme kann es höchstens noch geben, wenn der Stammklub, der FC Zuchwil, so genannte Ausbildungsentschädigungen verlangen würde für Spielerinnen, die zum FFC wechseln. Das wäre allerdings im Frauenfussball nicht üblich und «jenseits der sportlichen Fairness», wie Peter Baumann meint.

Ganz offensichtlich plagen den Schweizer Frauenfussball, organisiert innerhalb des Männerfussballs, erhebliche Strukturprobleme. Frauliches Leistungsdenken überfordert irgendwie. Durch die weltweite Aufwertung des Frauenfussballs und den enormen Zustrom des weiblichen Nachwuchses auch in der Schweiz stossen die kleinen Amateurklubs, die ein erfolgreiches Damenteam haben, nun an ihre finanziellen und empathischen Grenzen. Diesbezüglich kriselt es auch an anderen Orten als in Zuchwil. Vielleicht nimmt sich ja der gerade frisch wiedergewählte Greisenvorstand des Schweizerischen Fussballverbandes um Zloczower & Co. dieser Problematik demnächst lösungsorientiert an.