Wildberger/Leutenegger: In geheimer Mission?

Nr. 33 –

Das frühere WOZ-Traumteam, heisst es, sei nach Jahren wieder beisammen. Es lässt sich noch mehr kolportieren.

«WOZ rettet Weltwoche» hiess es in Riesenlettern in Inseraten der WOZ im Frühling 2002. Damals war die Weltwoche arg im Schlingern und suchte dringend InvestorInnen. Wir boten unser jahrelanges Know-how im Machen eines wöchentlichen Qualitätsblatts der Konkurrenz zu einem Spottpreis an - eine der freundlichsten Take-over-Offerten der Schweizer Pressegeschichte.

Nun, drei Jahre später, scheint die Übernahme endlich geglückt - wenigstens, wenn man einigen Schweizer Tageszeitungen glaubt, die die Ernennung von Jürg Wildberger zum Chefredaktor der «Weltwoche» kommentieren. Nun sässen Wildberger und der Weltwoche-Verlags-CEO Filippo Leutenegger wieder zusammen im selben Boot - jene zwei, die sich nach ihrem Wirtschaftsstudium zusammen bei der «linken ‹Wochenzeitung› engagiert» hätten. Die WOZ-Redaktion reibt sich die Augen: Ist uns der Coup im Nachhinein doch noch gelungen? Haben die beiden alten WOZler einen Geheimauftrag? Fragen wir einige WOZ-Kollegen von damals, wies wirklich war.

Um im Herbst 1981 aus der studentischen Monatszeitung «das konzept» eine «WochenZeitung» zu machen, brauchte es Geld. Beim Schaffen der nötigen Herausgeberstruktur hat Leutenegger in etlichen Diskussionen zusammen mit den WOZ-Verlagsleitern die «infolink»-Genossenschaft erfunden. Am inhaltlichen Konzept hat er aber nicht mitgearbeitet. An einer Redaktionssitzung habe man ihn nur einmal gesehen, erinnert sich einer - dann, als der damalige «Weltwoche»-Verleger Beat Curti wegen eines Artikels gegen jeden einzelnen im WOZ-Impressum auftauchenden Namen klagte.

Das kleine Team der neuen «WochenZeitung» brauchte neben Geld auch journalistische Mithilfe. Etliche Profis wurden angefragt, für die WOZ zu schreiben und sich bei ihr zu engagieren - die Aufforderung, beim neuen, unabhängigen Medium mitzumachen, ging vor allem an kritische JournalistInnen, die damals gerne von KommunistenjägerInnen als «linke Unterwanderer» der bürgerlichen Presse angeprangert wurden. Jürg Wildberger, Mitglied des Zürcher Journalistenbüros «Presseladen», das mehrere Schweizer Medien vor allem mit Artikeln zu Wirtschaftsthemen belieferte, kam tatsächlich und hat, wie WOZ-PionierInnen übereinstimmend berichten, einen einmonatigen «Stage» in den beiden kleinen Büros an der Zürcher Weinbergstrasse absolviert, wo die WOZ bei einem Studentenclub in Untermiete war. Er hat seine Erfahrung eingebracht, mitdiskutiert und den Kollegen beim Kleben des Seitenlayouts über die Schulter geschaut. Im ersten Jahr verfasste Wildberger ein gutes Dutzend Artikel für die WOZ. Fest einsteigen mochte er jedoch nicht: War er schon damals weniger links denn karrierebewusst, oder lag es wirklich am mageren Einheitslohn von nur 1600 Franken? Die von Wildberger wohl im Spass gewünschten 3000 Franken überstiegen die WOZ-Verhältnisse bei weitem.

Heute, nach etlichen Karriereschlaufen vor allem auf der Mattscheibe, ist das kurzfristige WOZ-Geburtshilfe-Duo Leutenberger und Wildegger wieder in einer Wochenpublikation vereint, in höchsten Stellen diesmal. Wenns nur nicht zur Totengräbermission wird: Die «Weltwoche» hat im ersten Halbjahr 2005 drastisch an Werbeeinnahmen eingebüsst - 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, das entspricht annähernd zwei Millionen Franken.