Durch den Monat mit Eve Monney (Teil 4): Die neuen Nirvana?

Nr. 12 –

Eve Monney: «Ich finde es okay, eine CD der Queens of the Stone Age zu brennen. Die verdienen sowieso genug.»

WOZ: Es läuft sehr gut für deine Band Navel. Müsst ihr euch überhaupt noch anstrengen?
Eve Monney: Ja, sehr. Im Moment ist es vor allem anstrengend, einen Schlagzeuger zu finden. Letzte Woche haben wir jeden Tag geprobt, immer mit einem anderen Schlagzeuger. Das ist ganz schön streng.

Aber die Promoarbeit seid ihr los – ihr habt das Label in Berlin, euren Promoter, eine Freundin, die die Homepage macht. Kaum eine junge Band hat das.
Ja. Darüber bin ich natürlich sehr froh. Aber wir haben immer noch genug zu tun. Es ist mehr ein emotionaler Stress als ein organisatorischer, die ganzen Erwartungen der Leute – «Navel sind die neuen Nirvana» und so.

Nervt euch der Nirvana-Vergleich?
Wenn er als Kompliment gemeint ist, freut er uns. Aber wenn jemand sagt: «Die machen ja nur Nirvana nach», stört es mich. Du bist immer beeinflusst von der Musik, die du hörst. Aber wir versuchen nicht, jemanden zu imitieren.

Es liegt auch am Aussehen eures Sängers Jari. Vielleicht müsste er sich eine Glatze schneiden.
Nein, das gehört zu seinem Lebensstil, das Verschupfte und Vergammelte, die Löcher in den Hosen.

Ihr habt die Grunge-Welle rund um Nirvana ja nicht aktiv miterlebt, ihr wart damals in der Primarschule. Grunge galt damals schon als Retro. Ihr macht also Retro-Retro.
Ist nicht alles inzwischen Retro? Es 
gibt nicht so viele Töne und Tonarten auf der Welt, dass man etwas völlig Neues machen könnte. Alles gab es schon einmal. Ich habe Bass spielen gelernt, indem ich versuchte, Lieder nachzuspielen, und manchmal schaffte ich es nicht, also spielte ich etwas anderes. Dann kann es sein, dass ein Song nach PJ Harvey tönt, weil ich sie sehr oft höre.

Ihr habt heute Abend in St. Gallen gespielt. Ich war erstaunt, wie bluesig ihr klingt.
Ja, das sind die neuen Songs. Im Moment mag ich diese Trash-bluesigen Sachen sehr. Wir wollen damit auch etwas wegkommen von den Nirvana-Vergleichen. Aber vor allem machen wir es, weil es uns gefällt. Wir mögen nicht nur Feedback und Gewüte.

Sind für euch die Texte wichtig, oder ist der Gesang eher ein Instrument?
Die Melodien kommen schon zuerst. Darum sind wir wohl eine Rockband und nicht Singer-Songwriter. In erster Linie geht es darum, Energie rauszulassen, loszuwüten und nicht an morgen zu denken. Die ganzen emotionalen Anstauungen loszuwerden. Wenn 
dann auch noch ein Text dazukommt, der dir aus der Seele spricht, ist das natürlich toll.

Worum gehts in deinen Texten?
Ich habe ein Lied über das Abreissen von alten Häusern geschrieben. Das ist vielleicht kein weltbewegendes Thema, aber mir tut es weh. Mein Nachbarhaus wurde gerade abgerissen. Es war noch in gutem Zustand, aber der Besitzer wollte etwas Neues, Schickes. Da geht so viel Kulturgut verloren, und die Geister, die in den Häusern leben, werden heimatlos. Ich schrieb den Song, um diese Geister einzufangen und ihnen ein neues Zuhause zu geben.

Ist dir an Konzerten bewusst, dass Leute zuhören?
Vor allem bei den ersten Songs. Mit der Zeit vergesse ich es dann. Mittlerweile habe ich keine Angst mehr, die Leute anzuschauen. Wenn sie tanzen, gibt mir das viel. Wenn sie dort stehen wie Pflöcke, habe ich auch Spass, aber eher wie an einer Probe.

Wie gefällt dir das Tourleben?
Sehr. Aber es braucht viel Durchhaltevermögen und Nerven. Du lernst deine Kollegen ganz anders kennen, wenn du 24 Stunden zusammen bist, auch in Extremsituationen. Die Leute denken: Cool, jeden Abend ein Konzert, und 
den Rest des Tages frei. Dabei gibt es so viel zu tun: Reisen, vielleicht noch eine Autopanne, Interviews, Leute treffen, Soundcheck. Manchmal wissen wir bis zwei Uhr morgens nicht, wo wir schlafen werden.

Habt ihr zu wenig Geld, um in Hotels zu übernachten?
Das hängt von den Veranstaltern ab. Je nach Budget des Clubs gibt es ein Hotelzimmer, eine Jugendherberge oder eine Matratze auf dem Boden. In Wiesbaden waren die Matratzen direkt hinter der Bühne. Das war perfekt, wir hatten uns am Konzert sehr verausgabt und konnten uns gleich hinlegen und schlafen.

Findest du es gut, dass man heute alle Musik gratis runterladen kann?
Nein. Ich finde es okay, eine CD der Queens of the Stone Age zu brennen. Die verdienen sowieso genug. Aber 
eine kleinere Band, die auf das Geld angewiesen ist und auch faire Preise macht – also nicht 45 Euro für ein 
T-Shirt verlangt – unterstütze ich gern.

Eve Monney ist Bassistin und Sängerin 
bei der Basler Rockband Navel. 


www.myspace.com/navelofswitzerland