Christoph Lindenmaier (1953-2009): Pirat aus Leidenschaft

Nr. 16 –

Er baute Radiosender für die Revolution und bildete in Südafrika Techniker aus, damit die Stimme der Schwarzen gehört werden kann. Der Autor Daniel de Roulet über seinen Freund aus alten Tagen.


Christoph Lindenmaier wächst mit seinen Eltern, seinen Brüdern und seiner Schwester in einem Haus an der Züricher Goldküste auf. Der Vater ist Chemiker, die Mutter lernt Sprachen und interessiert sich für jenen Teil der Welt, den man wegen des Kalten Kriegs nicht bereisen kann. Christoph, 1953 geboren, ist der Zweitälteste. Weil man halt irgendeinen Beruf lernen muss, studiert er Medizin, schliesst mühelos ab. Doch seine wahre Leidenschaft gilt der Elektronik. Der Keller des Elternhauses wird zu seiner Werkstatt. Sein sechs Jahre jüngerer Bruder Patrick teilt seine Vorliebe für Mikrochips, Schaltkreise und Lötkolben.

Die Szene hätte sich auch in einer Garage in Kalifornien abspielen können, Christoph hiesse dann Steve Jobs, der wohl etwa zur selben Zeit mit seinen Tüfteleien begann. Christoph ist Funkamateur, auf Kurzwelle verständigt er sich mit der ganzen Welt. Seinen ersten Sender bastelt er in einem Alter, in dem andere Jugendliche sich mit den Grundlagen der Physik abmühen. Er erwirbt eine Amateurfunklizenz, wird Mitglied in einem Klub. Die älteren Herren dort, die seit Jahren dabei sind, staunen über die technischen Kenntnisse und das handwerkliche Talent des hochbegabten Bastlers. Dass einer eigenhändig und in kürzester Zeit so hochkomplexe Anlagen bauen könnte, hätten sie nie für möglich gehalten.

Doch in den siebziger Jahren herrscht in Zürich nicht nur eine kalifornische, sondern auch eine sehr subversive Stimmung. Die Jugendbewegung ist alles andere als legalistisch, man besetzt Häuser, konfrontiert die Polizei, den Staat. Christoph schwärmt für Helden anderer Kontinente. Seine Werkstatt hat er vom Keller in die Wohnung im zweiten Stock verlegt, Poster der lateinamerikanischen Guerilla hängen an den Wänden.

Die Stimme der Bewegung

Die ersten Piratenradios kommen auf, das britische Radio Caroline sendet von einem Boot in internationalen Gewässern aus, Radio Bologna aus besetzten Häusern. Der italienische Sender, ein schwerer Apparat, ist unhandlich und muss in einem Koffer herumgetragen werden. Das bringt Christoph auf eine Idee. Der Zürcher Bewegung fehlt nämlich ein eigenes Medium. Natürlich gibt es die «Leserzeitung» und die «Telefonzitig», aber die erreichen nur einen kleinen Kreis. Und so beginnt das grosse Abenteuer: mit dem Lötkolben im Dienste der Revolution.

Etwa zur selben Zeit, da der 21-jährige Steve Jobs in Kalifornien mit seinem Kumpel Steve Wozniak Apple gründet, schlägt Christoph seinem Bruder Patrick vor, zusammen eine Firma zu gründen. Sie nennen sie Red-El. Klingt wie Rebell und heisst Red Electronics, rote Elektronik. Ihr Logo ist nicht ein angebissener Apfel, sondern ein roter Stern. Ihr erstes Produkt heisst nicht Mac, sondern, sehr mysteriös, PTP. In den USA greift Black Power die Vorherrschaft der Weissen an, in Italien erhebt sich der Potere Operaio gegen die Patrons, in der Schweiz gibt es nun PTP, Power to the People, alle Macht dem Volk. PTP ist eine kleine Aluminiumkiste, ein Miniatursender, konstruiert in der und für die Klandestinität, für Laien ohne technische Kenntnisse einfach zu bedienen. Die Sendung wird vorher auf Kassette aufgenommen, die demontierbare Antenne öffnet sich wie ein Regenschirm. Ein Hügel als Sendestandort ist alles, was es braucht, um in der ganzen Stadt gehört zu werden.

Da Zürich von hügligen Wäldern umgeben ist, ist es kinderleicht, den kleinen Sender irgendwo zu verstecken. Gegen die PTP fahren die PTT schweres Geschütz auf. Aus Bern kommen die Lastwagen mit den Funkpeilgeräten, unterstützt von einem Helikopter. Die Piraten in ihrem Waldversteck können nie lange Robin Hood spielen. Fünf Minuten, dann macht sie der Heli ausfindig. Aber die Zeit reicht, um nicht nur das öffentliche Radio, sondern auch das Fernsehsignal zu stören. Panik in den Palästen, Gelächter in den Hütten. Die Jugendbewegung hat ihre Stimme gefunden, einen ironischen Ton, musikalisch und subversiv. Keine Predigten, sondern eine feine Stimme, die die Bewegung informiert und beweist, dass man die Macht überlisten kann. Indem es ihr diese Stimme verleiht, verhindert das Piratenradio, dass die Bewegung erstarrt, militant wird. Es ist eine Spassguerilla, ihre wichtigste Waffe kommt aus dem Silicon Valley, mit einem kalifornischen Lächeln.

Wenn ein Sender abgeschaltet werden muss, startet fünf Minuten später ein anderer. Ein einziges Mal wird ein Sender gefunden, doch die PiratInnen werden nicht erwischt. Bald ist das neue autonome Medium in ganz Europa bekannt (Radio Schwarzi Chatz, Bachtelkrähen, Wällehäxe, Banana, später Radio des Femmes, Radio Verte Fessenheim, Continental). In der Red-El-Werkstatt beginnt die klandestine Massenproduktion.

Die Piraten senden legal

Die Fortsetzung ist bekannt: Dank des Drucks der Piraterie beschleunigt sich die Liberalisierung der UKW-Frequenzen. Kommerzielle «Piraten» und superschlaue Journalisten drängen in die Bresche. Einige Jahre später ist das staatliche Rundfunkmonopol Geschichte. Die Zürcher Radiopiraten fuhren immer zweigleisig und reichten offiziell ein Sendegesuch ein. Als die Frequenzen verteilt werden, ist das breit abgestützte alternative Lokalradio startbereit - natürlich mit einem Lindenmaier’schen Sender. Ausser dem Zürcher LoRa werden nur wenige Radios ihre nichtkommerzielle Ausrichtung behalten.

Red-El ist unterdessen in den Zürcher Kreis 5 gezogen. Christoph will einen Sender bauen, der vom Bund zertifiziert wird. Der ehemalige Pirat trifft die, die ihn gejagt haben, beeindruckt sie mit seiner Kompetenz, seiner Lebhaftigkeit - und seinen Detailkenntnissen über das Funktionieren ihrer Institution. Der Sender wird schliesslich amtlich anerkannt. So viel zum offiziellen Teil der Firma Red-El.

Unter den weniger offiziellen Kunden sind verschiedene mehr oder weniger militante lateinamerikanische Gruppen, die Rat und Unterstützung brauchen. Die einzigen Bedingungen, die Christoph stellt, sind politischer Art. Er will, dass seine Sender den Schwächsten eine Stimme verleihen. Er engagiert sich auch in Südafrika. Der heutige Schweizer Bundespräsident diente damals den Interessen des faschistischen Apartheidregimes. Christoph bildet Techniker aus, liefert Material via die Widerstandskirchen, installiert ein Rundfunknetz, um die Stimmen derer, die den Schwarzen niemals das Stimmrecht zubilligen wollen, zum Schweigen zu bringen.

Bei Red-El stürzt sich Christoph in die Programmierung von Software, die den Ablauf in den Radiostudios vereinfacht und für die nichtkommerziellen Sender erschwinglich ist.

Technik gegen den Krieg

1992, in der Ukraine, nimmt er an einer Konferenz engagierter JournalistInnen aus allen Teilen des ehemaligen Jugoslawien teil. Sie sind gegen den Krieg, gegen Nationalismus, doch eine Zusammenarbeit ist schwierig, sind doch alle Kommunikationskanäle zusammengebrochen. Christoph bietet seine Dienste an, konstruiert ein Modem-und-Mailbox-Netzwerk, eine Art Internet, das Sarajewo, Belgrad, Pristina und Montenegro via Paris verbindet.*

Sein Engagement gründet auf einer unerschütterlichen politischen Überzeugung, die einige wohl dogmatisch nennen würden. Er geht zu Longo Mai, wo seine Geduld, seine didaktischen Fähigkeiten und seine unglaublich rasche Auffassungsgabe geschätzt werden. Dort trifft er auch seine zukünftige Frau Kathi. Alle kennen seinen Tic, diese seltsame Geste, die er manchmal macht: Mitten im Gespräch schliesst er die Augen. Es sieht aus, als sei er eingeschlafen. Doch plötzlich ist er wieder da, wild gestikulierend ruft er: Ich habs, es ist ganz einfach! Dann verschwindet er drei Tage in seiner Werkstatt, arbeitet wie ein Besessener, gewinnt die verrücktesten Wetten.

Es kommen auch offizielle Kunden. Aus allen Ecken der Welt bekommt er Jobangebote. Er könnte die Firma vergrössern, Filialen eröffnen, wirklich den Steve Jobs spielen. Doch Christoph ist ein bescheidener Typ, ein einzelgängerisches Genie. Er beschliesst, als Nächstes die Satellitentechnik und Möglichkeiten ihrer demokratischen Verwendung zu studieren, mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der ein anderer die Speisekarte in der Pizzeria studiert. Man sagt ihm: Du übertreibst, wirst noch enden wie Steve Jobs. Dieser hat sich in die kalifornischen Berge zurückgezogen, um über seine Krankheit zu meditieren, und veröffentlicht zuhanden der Börse ein seltsames Communiqué: «Die Gerüchte meinen Tod betreffend sind stark übertrieben.»

Und dann, kürzlich, noch einmal diese seltsame Geste: Mitten im Gespräch schliesst Christoph die Augen. Nachdem sie seine Asche beigesetzt hatten in einem Wald oberhalb Zürichs, begriffen seine FreundInnen: Sie werden ihn nie wieder aufwachen sehen, wild gestikulierend und rufend: Ich habs, es ist ganz einfach!

Der Renaissance-Traum

Eigentlich hat Christoph den alten Traum der Renaissancedrucker weitergeträumt, die überzeugt waren, die Erfindung der Druckkunst werde das Wissen allen zugänglich machen und dem religiösen Fanatismus ein Ende setzen. Andere züchteten Brieftauben, um Hoffnungsbotschaften zu verbreiten. Steve Jobs dachte, es würde reichen, das IBM-Monopol zu brechen, um das Wissen zu demokratisieren. Auch Christoph mit seinem Piratengenie vertrat die Meinung, dass Technologie nie neutral sei und man sie deshalb unbedingt in die eigenen Hände bekommen müsse.

Karibische Piraten, einige Männer und wenige Frauen, gründeten im 18. Jahrhundert eine egalitäre Gesellschaft, einen besonderen Ort, den sie Zeitweilige Autonome Zone nannten. In Kalifornien kennt man heute etwas Ähnliches: die Temporary Autonomous Zones TAZ. Und auf einer solchen Insel wartet Christoph auf Steve Jobs. Ihre Debatten versprechen lebhaft zu werden. Sie lebten in derselben Welt, waren aus demselben Guss. Einer engagierte sich an der Börse, der andere für die Revolution.

Übersetzung rw

* Das 1992 mit Christoph Lindenmaiers technischer Unterstützung gegründete Alternative Informations-Netwerk (AIM) unabhängiger JournalistInnen leistete während mehr als zehn Jahren grenzüberschreitende Informationsarbeit.

Christoph Lindenmaier zum Gedenken: Stimmen von FreundInnen : «Mit Witz und Schalk fand er Lösungen»

«Der Rundfunk wäre der denkbar grossartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, (...) wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen.»
Bertolt Brecht


Mein erster Kontakt mit Christoph Lindenmaier war etwas überraschend. Ich kann mich noch heute fragen hören: «Ähm, Entschuldigung, wo geht unsere Leitung raus auf den Üetliberg, und warum ist die immer noch analog?» Christoph schaute mich an, zog die Brauen zusammen, schloss die Augen und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Und begann. Manchmal laut und wild gestikulierend, manchmal die Hände verwerfend, manchmal auch ganz nachdenklich und leise, aber immer voll bei der Sache.

Nach drei Stunden hatte ich über dieses Thema so viel theoretisches und praktisches Wissen erhalten wie in meinen gesamten vier Lehrjahren und den folgenden vier Berufsjahren zusammen nicht. Im ersten Moment war meine Reaktion: nie wieder so eine doofe Frage stellen, die ihm erlaubt, mehr als nur ein Ja oder Nein zur Antwort zu geben.

Nach einiger Zeit und viele Erklärungen später begriff ich etwas, was ich heute noch bewundere und schätze: Christoph nahm die Menschen um sich herum für voll, behandelte sie als mündig. Er gab ihnen Antworten, die ihnen ermöglichten, autonom zu werden. Er hielt die weniger Wissenden für fähig, das alles auch zu begreifen, und betrachtete sich nicht als Ausnahmetalent.

Christoph war für mich mehr als nur der Allrounder, das technische Genie, der zerstreute Professor, was er alles unbestrittenermassen auch war. Wenn wir über Technik diskutierten, hat er mich oft auf ihre gesellschaftspolitischen Auswirkungen hingewiesen, auf Abhängigkeiten, die wir Techniker nur allzu gerne übersehen oder sogar begrüssen, weil sie unseren Status festigen. Christoph war ein praktischer Idealist, der politisch handelte, ohne die Dogmakeule zu schwingen. Er hat mir als Techniker und Mensch neue Wege aufgezeigt.

Fabian Wettstein, LoRa-Techniker


Die meisten von uns sind Christoph Anfang der achtziger Jahre in Wien begegnet. So richtig kennengelernt haben wir ihn dann, als er 1984, als Dr. med., Mitglied unserer Delegation zur Verteidigung der zweisprachigen Schule in Kärnten war. Sein Auftreten auf einer Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen sorgte in ganz Österreich für Aufruhr. Bezug nehmend auf die damals aktuelle Suche nach dem Kriegsverbrecher Josef Mengele empfahl er, diesen in Kärnten zu suchen. Falls man ihn persönlich dort nicht finde, so stosse man doch mit Sicherheit auf manch anderes, was sich im braunen Sumpf Kärntens verberge.

Christoph hat vielen Jungen gezeigt, wie man Radiosender bastelt und sie dann auch in Betrieb nimmt. Für viele Aktivisten in Österreich - angesteckt vom Virus des freien Sendens - war seine Werkstätte in Zürich ein Geheimtipp. Der Griff zum Lötkolben wurde dort zum emazipatorischen Akt der Befreiung.

Christoph war mit Kathi da, als es darum ging, den Hof von Longo Mai in Eisenkappel nach dem Brand 1994 wieder aufzubauen und mit Leben zu erfüllen. Mit seinem Talent für Situationskomik und seinem scharfen Blick von aussen, dem nichts heilig war, trug er dazu bei, dass so manche fruchtlos scheinende Auseinandersetzung ein konstruktives Ende fand.

Helmut Peissl, Verband Freier Radios Österreich, Bad Eisenkappel


Es war nicht immer einfach, mit einem Bruder aufzuwachsen, der nur mit Sechsern und ein paar wenigen Fünf-bis-Sechsern im Zeugnis nach Hause kommt. Noch schwieriger war, dass Christoph damit niemals prahlte oder sich als jemand Besseres empfand. So konnte man ihn auch nicht als Blöffsack oder Streber hänseln. Also beschloss ich, Legastheniker zu werden, und von da an waren die Positionen klar. Die Gründung der Red-El, sein unentwegtes Kämpfen für etwas Besseres, Gerechteres waren stets uneigennützig, sogar aufopfernd. Im Privatleben hat ihm seine Unnachgiebigkeit und Gradlinigkeit nicht immer nur genützt. Einige empfanden seine Art auch als bedrohend und arrogant. Dagegen fiel es ihm schwer, Emotionen und Politisches zusammen zu diskutieren, gewisse Gefühle zu zeigen oder darüber zu reden. Am besten konnte er mit seinem Witz und Schalk Kontakte herstellen und neue Lösungen finden.

Wir waren fünf Geschwister und gewohnt, uns in einer Grossfamilie zurechtzufinden. Später konnte Longo Mai ihm diese Gemeinschaft bieten und zusätzlich eine politische Grundhaltung, die ihm entsprach. Trotzdem war es ihm wichtig, sich abzugrenzen und auch unabhängig zu bleiben.

Ich erinnere mich noch gut, wie ich schon früh als Versuchskaninchen für seine Experimente zur Verfügung stehen konnte (musste!). Einmal probierte er seinen Herzschlagverstärker an mir aus. Zwei Elektroden an meinen Armen waren mit einem Gerät verbunden, das meinen Herzschlag in Schallwellen umwandelte.

Nun sind die Töne, die mich mit Christoph verbunden haben, plötzlich verstummt. Sein Herz hat aufgehört zu schlagen. Es bleibt ein Nichts, das doch nicht leer ist.

Patrick Lindenmaier, Kameramann


Im Sommer 1986 kam es in Südfrankreich zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Vertretern des ANC und Christoph Lindenmaier. Die südafrikanische Delegation sprach über die grosse Bedeutung, die der schweizerischen Antiapartheidbewegung in Zürich zukam, wo bis zu neunzig Prozent des Apartheidgoldes gehandelt wurden. Zwei Monate später konnte man im Alternativen Lokalradio LoRa in Zürich eine wöchentliche Südafrikaboykottsendung hören. Folgender Aufruf mit Christophs Stimme wurde ungezählte Male ausgestrahlt: «Während Landesregierungen und internationale Organisationen über Boykottmassnahmen vor allem diskutieren und verhandeln, gibt es fürs LoRa im kommenden Herbst in dieser Sache einen konkreten Plan. Mit unserem Radio wollen wir lokal alle Informationen und Handlungsmöglichkeiten ausnützen, um der Kollaboration auf die Spur zu kommen, damit von Zürich aus nicht mehr so leicht Geschäfte mit Südafrika gemacht werden können.»

So wurde die LoRa-Aktion Südafrikaboykott aktiv. JournalistInnen spendeten ein ganzseitiges Inserat für den Südafrikaboykott, das weder im «Tages-Anzeiger», der NZZ, dem «Blick» noch in der «Weltwoche», dafür in der WOZ veröffentlicht werden konnte. KünstlerInnen schufen Werke gegen die Apartheid, die versteigert wurden. Cartoonisten stellten Zeichnungen zur Verfügung, die Schweizer Musikszene Songs für ein Doppelalbum. Höhepunkt der vom LoRa ausgehenden Aktionen war die an alle Zürcher Haushalte verteilte einmalige Ausgabe der sogenannten «Neuen Tageszeitung» mit der Schlagzeile «Auch Ihr Sparbuch mordet mit!». Auf dem Paradeplatz gab es vor den mit dem Apartheidregime geschäftenden Grossbanken die donnerstäglichen Mahnwachen, die erst nach der Befreiung von Nelson Mandela abgesetzt wurden.

Am Donnerstag, 9. April, haben wir von Christoph Lindenmaier Abschied nehmen müssen. Die Zeit ist noch nicht gekommen für eine Würdigung seines Lebens, seines Kampfes gegen die Kommerzialisierung der öffentlichen Meinung und für demokratische Grundsätze und menschliche Würde.

Hannes Lämmler, Longo Mai


Es war seine grosszügige, solidarische und treue Natur, die uns am meisten beeindruckt hat. Wir versuchten damals unter uns Ex-Jugoslawen in einer manchmal angespannten Stimmung uns besser kennenzulernen und zu verstehen. Es war nicht einfach. Christoph war immer da. Er hat sich öfter über unsere technische Ignoranz aufgeregt. Ich sehe ihn jetzt noch, sich mit geschlossenen Augen über uns ärgern. Er war aber auch lustig und konnte die Atmosphäre entspannen. Besonders geschätzt habe ich seine sehr feinfühligen politischen Analysen.

Dragica Mugosa, AIM-Koordinatorin Paris