Durch den Monat mit Ilona Stamm (Teil 3): Welcher ist Ihr Lieblingsfilm?

Nr. 34 –

Ilona Stamm: «Sie werden lachen, aber ich habe den Computer erst, seit ich achtzig bin.»

WOZ: Frau Stamm, wie sieht ein Tag in Ihrem Leben aus?
Ilona Stamm: Ich stehe um halb sieben Uhr auf, um halb acht esse ich Frühstück, dann mache ich etwas oberflächlich den Haushalt. Um neun Uhr öffne ich das Büro, das ich ja hier in der Wohnung habe. Um halb elf kommt die Post, und ich habe das Prinzip, dass die Post noch am selben Tag beantwortet wird. Von zwölf bis zwei Uhr mache ich zu, koche mir etwas, esse, sitze noch ein bisschen da, und dann mache ich das Büro wieder auf.

Sie arbeiten den ganzen Tag mit dem Computer. Hatten Sie nicht Mühe, sich mit der neuen Technologie anzufreunden?
Sie werden lachen, aber ich habe den Computer erst, seit ich achtzig bin. Vorher habe ich immer gesagt, das kommt nicht infrage. Aber dann hat mich ein Nachbar überredet, und ich habe mir einen gekauft. Der Nachbar hat mir gezeigt, wo ich die Maschine einschalte, was die Tastatur ist, wo man drucken kann und so weiter.

Und dann?
Dann liess ich den Computer zwei Tage stehen und dachte, schade fürs Geld, das du ausgegeben hast. Aber dann kam mein Nachbar wieder und sagte, ich solle hinsitzen und ihm eine Mail schreiben. Und ich sagte, wie bitte, er sitze ja neben mir; wozu soll ich ihm denn eine Mail schreiben. Aber ich habs dann trotzdem gemacht. Und er hat mir dann in einer Mail geantwortet: «Es geht doch.» Von dem Moment an habe ich mir gesagt, also Meitli, ran an die Geräte. Es geht ja.

Was machen Sie am Feierabend?
Ich arbeite bis etwa fünf Uhr, und dann – das darf ich fast nicht sagen – gönne ich mir einen Apéro. Das lasse ich mir nicht nehmen. Danach mache ich mir etwas Znacht, und anschliessend lese ich, schaue ein bisschen fern oder widme mich meiner Leidenschaft, dem Kreuzworträtsel.

Was schauen Sie denn so im Fernsehen?
Wenn ich fernsehe, dann will ich alles andere als Filme schauen, zum Beispiel Talkshows, Information oder Sport. Letzthin habe ich geschaut, was unsere Kickers gegen Italien gemacht haben.

Und, sind Sie zufrieden?
Ja, ich finde das 0:0 ein schönes Resultat.

Welcher ist Ihr Lieblingsfilm?
Ich habe sehr gerne Dokumentarfilme, weil man da immer ein bisschen etwas lernen kann. Dann ein guter Krimi ist auch okay und zwischendurch mal wieder ein richtiger Liebesfilm, bei dem man ein paar Tränchen verdrücken kann. Das Mitleben gehört für mich dazu. Deshalb geht man ja ins Kino: damit man etwas erlebt.

Und welcher ist Ihr Lieblingsfilm aus Ihrem Verleih?
Mein absoluter Lieblingsfilm ist «Nacht der Gaukler» von Michael Steiner. Die Art des Films hat mich einfach gefesselt. Als ich den gesehen habe, sagte ich mir, den will ich haben. Dann habe ich mich beim Produzenten gemeldet und den Film im Verleih aufgenommen. Und wer hätte damals gedacht, dass das mal eine Partnerschaft gibt?

Eine Partnerschaft, mit wem?
Mit Pascal Ulli. Er spielt ja die Hauptrolle in dem Film, die war ja auch sein Durchbruch. Ich lernte ihn an der Premiere kennen, und heute sind er und Andreas Bernatschek meine Geschäftspartner.

Wie kam es dazu?
Ulli kam eines Tages zu mir, weil wir etwas besprechen mussten. Wir redeten, und er sagte: «Sie sind auch schon lange im Geschäft.» Und ich sagte, ja, langsam aber sicher muss ich mich mal auf die Suche nach einem Nachfolger machen. Da sagte er: «Das bin ich.» Nun sind wir schon seit mehreren Jahren zu dritt, und das Schöne ist, dass ich nun nur noch den schönsten Teil der Arbeit machen muss, nämlich die Platzierung der Filme in den Kinos.

Und mit Michael Steiner, haben Sie mit ihm auch Kontakt?
Nein, das hatte ich nie. «Grounding» und «Mein Name ist Eugen» habe ich gesehen, aber die hatte ich nicht mehr im Verleih. Aber sie haben mir gut gefallen. Es wäre schön, wenn er wieder etwas ins Kino bringen würde.

Er hat ja ein Projekt, das abgefilmt ist, aber nun wegen finanzieller Probleme nicht weiterkommt.
Dann Hände weg, wenn er Geld sucht! Geld in eine Produktion zu stecken, ist das Risiko des Jahrhunderts. Wie heisst der Film denn eigentlich?

«Sennentuntschi».
Wie? Können Sie sich etwas vorstellen unter diesem Namen? Mir ist das kein Begriff.

Das «Sennentuntschi» ist eine Puppe, die sich Älpler basteln und die dann lebendig wird. Es ist eine Sage, die Steiner verfilmt hat.
Aha. Da heisst es Abwarten und Teetrinken, vielleicht kommt der Film ja trotzdem noch eines Tages in die Kinos.

Ilona Stamm (85) ist die älteste aktive Schweizer Filmverleiherin. Sie lebt und arbeitet in Zürich. Die Stamm Film AG wurde 1935 von ihrem Vater gegründet.