Klettern: An gefrorenen Wassern

Nr. 9 –


Eisklettern wird immer beliebter. Es hat ja auch einen Reiz, mit einer Eisaxt in jeder Faust und auf den Frontzacken der Steigeisen einen gefrorenen Wasserfall hochzukommen. Und so werden ständig neue Klettergebiete erschlossen. Einer, der seit Jahren diese Wintervariante des Sportkletterns betreibt, ist der Veltliner Bergführer Mario Sertori. Ihm sind bisher über hundert Erstbegehungen an Eisfällen in den Alpen, in Norwegen, Schottland, Nordamerika und den Pyrenäen gelungen. Mit dem nun auf Deutsch erschienenen Band «Alpine Ice» hat Sertori eine umfassende Sammlung der wichtigsten Eisfälle in Frankreich, Österreich, Slowenien, Italien und der Schweiz vorgelegt. Ob es die schönsten sind, wie der Titel verspricht, wird Geschmackssache bleiben. Auf den fast 450 Seiten ist jedenfalls alles Wissenswerte für die Ausübung des vertikalen Wintersports zusammengefasst.

Übersichtlich und exakt

Der Führer stellt 39 Eisklettergebiete inklusive detaillierter Anfahrtsbeschreibungen vor – da die meisten Eisfälle abseits liegen, oft versteckt in Seitentälern, sind diese Informationen nicht nur schmückendes Beiwerk. Das Buch nennt die Namen der einzelnen Eisfälle und – soweit bekannt – auch die der ErstbegeherInnen. Die Routen sind ausreichend mit Piktogrammen charakterisiert und übersichtlich dargestellt: Die Schwierigkeitsbewertung ist exakt, die Eisskala (römische Ziffern) und die Angaben der technischen Schwierigkeiten (arabische Zahlen) helfen bei der Einschätzung der Herausforderungen, die einen auf den anspruchsvollsten Seillängen erwarten. Nützlich bei der Vorbereitung sind auch die knappen und zutreffend beschriebenen Zu- und Abstiege. Dazu kommen Anmerkungen zur Schönheit der Route oder zu besonderen Gefahren.

Spektakuläre Fotos

Was das Buch aber weit über einen reinen Gebrauchsgegenstand hinaushebt, sind die herausragenden Fotos. Sertori hat mit einigen der besten Alpinisten Europas gearbeitet; die Solobegehungen des Emmentalers Ueli Steck oder des Vorarlbergers Beat Kammerlander (beide gehören zur Spitze ihrer Zunft) sind besonders spektakulär. Zum Konzept des Buches gehören auch viele Interviews mit EisspezialistInnen, die über sich und das von ihnen bevorzugte Gebiet informieren. Wer sich bisher nicht so recht für diese eiskalte Variante des Bergsports begeistern konnte, findet in «Alpine Ice» vielleicht Abhilfe. Alle anderen sollten sich beeilen: Die Saison ist fast vorbei. Aber: Der nächste Winter kommt bestimmt.

Mario Sertori: Alpine Ice. Die 600 schönsten Eisfälle im Alpenraum. Edizione Versante Sud. Mailand 2009. 446 Seiten. Fr. 85.50