Durch den Monat mit FDP-Nationalrätin Christa Markwalder (Teil 4): Wie brutal handelt Roche in Burgdorf?

Nr. 47 –

Die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder will sich nicht an Homestorys erinnern, kann nicht nachvollziehen, wieso Roche in ihrer Stadt 310 Stellen streicht, und überlegt sich, WOZ-Fotos im Wahlkampf zu verwenden.

WOZ: Frau Markwalder, wie geht es Ihrem Berner Sennenhund?
Christa Markwalder: Mein Hund ist leider gestorben. Er hat mich oft begleitet und ist über zwölf Jahre alt geworden.

Er war Ihr Markenzeichen. Legen Sie sich nun einen neuen zu?
Im Moment nicht. Ich habe derzeit zu wenig Zeit, um mich um die Hundeerziehung zu kümmern. Aber ich habe oft den Hund meiner Nachbarin bei mir.

Sie merken: Ich versuche mich ans Private her­anzutasten.
Das habe ich fast befürchtet.

Sonst scheinen Sie sich nicht davor zu fürchten: Es gab Homestorys zu lesen …
Homestorys gab es nie, aber hin und wieder Fotos von gesellschaftlichen Anlässen. Aber es geht um die Frage, was öffentlich sein soll und was nicht. Das ist eine unglaublich schwierige Gratwanderung. Ich bin persönlich ein sehr offener Mensch und finde auch, dass man nicht künstlich etwas verbergen muss. Andererseits ist es schon so: Gibt man den kleinen Finger, wird oft die ganze Hand genommen. Es gibt dann unangenehme Situationen, wenn über wirklich Privates berichtet wird.

Sie sprechen davon, dass Sie sich von Ihrem 26 Jahre älteren Mann getrennt haben und dar­über berichtet wurde.
Davon, dass mein Mann und ich uns voneinander getrennt haben. Das ist eine sehr belastende Situation, die man nicht auch noch in der Öffentlichkeit austragen möchte.

Sie leben in Burgdorf. Wie ist dort derzeit die Stimmung?
Nicht gut. Wir verlieren den drittgröss­ten Arbeitgeber mit 310 Angestellten. Roche hat beschlossen, den Burgdorfer Standort in zwei Jahren zu schliessen. Und das trifft unsere Stadt brutal, auch wenn nur eine Minderheit der Leute, die dort arbeiten, auch bei uns wohnt. Gleichwohl war Roche ein wichtiger und auch zukunftsträchtiger Arbeitgeber. Die Nachricht kam aus heiterem Himmel. Ich hoffe, dass da das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Können Sie die Entscheidung von Roche nachvollziehen?
Nein, das ist schwierig nachzuvollziehen. Es wurde in Burgdorf investiert, es wurden Arbeitsplätze geschaffen. Der Standort läuft gut, wie mir Roche-Mitarbeitende bestätigen.

Roche scheint sich zu denken: Wir können da noch mehr rauspressen.
Ich habe es so verstanden, dass gewisse örtliche Konzentrationen gemacht werden sollen, dass ein Umbau stattfindet und dass man sich davon eine Effizienzsteigerung erhofft, aber nicht, dass der Standort selber viel effizienter werden könnte.

Roche macht Milliardengewinne. Die Inter­essen der Aktionäre scheinen wieder einmal mehr zu zählen als diejenigen der Angestellten.
Das ist eine einseitige Beurteilung. Einerseits gibt es sicherlich Interessen und Erwartungen seitens der Investoren. Andererseits ist es eine Frage des Wettbewerbsumfelds, das Roche in ihre Angestellten investieren lässt. Die dritte Dimension ist die Standortfrage. Aber gerade wenn es ökonomische Argumente für einen Standort gibt, wenn man aufrechnet, wie viel in diesen Standort investiert worden ist, ist das schon eine Wiedererwägung wert. Nicht alle Effizienzsteigerungsübungen führen am Schluss auch zu Kosteneinsparungen.

Sprechen Sie da aus eigener Erfahrung?
Ja. Ein politisches Beispiel: Derzeit schliesst das EDA wieder Konsulate rund um den Globus. Es stimmt schon nachdenklich, wenn Konsulate geschlossen werden, die erst vor ein paar Jahren eröffnet wurden. Das sind unnötige, ineffiziente und teure Übungen.

Würde Sie Diplomatie als Beruf interessieren?
Mich fasziniert die Aussenpolitik, weswegen ich gerne das Präsidium der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats übernommen habe. Gleichzeitig bin ich froh, Politikerin und nicht Diplomatin zu sein, weil ich so freier meine Meinung sagen kann. Diplomatie ist ein faszinierendes Geschäft, und die Schweiz hat ein ausgezeichnetes diplomatisches Korps, aber mir gefällt meine Rolle besser.

Sie sind FDP-Ständeratskandidatin bei den Ersatzwahlen im Februar für Simonetta Sommarugas Sitz. Stehen Sie bereits im Wahlkampf?
Der Wahlkampf läuft an. Ich habe gerade an einer Veranstaltung im Berner Jura meine Kandidatur präsentiert, und bald gehts an die Weihnachtsmärkte. Parallel dazu stecken wir in der Organisationsphase, organisieren etwa Plakate und ein Unterstützungskomitee.

Sie haben mich um die Telefonnummer der Fotografin gebeten. Sie werden es doch nicht wagen, im Rahmen von WOZ-Interviews geschossene Fotos als Plakatsujets zu brauchen?
(Lacht.) Wer weiss … Es sind sehr gelungene Bilder.

Entscheiden Sie im Wahlkampf alles selber?
Ich kann operativ sicherlich nicht alles selber machen und bin daher auf Unterstützung angewiesen. Es gibt ein kleines Wahlteam, bestehend aus sieben Personen der FDP, der FDP-Frauen und der Jungfreisinnigen.

Ihr Budget für die Wahlkampagne?
Vermutlich ist es kleiner als jenes meiner Konkurrenten.