8) Kannst Du Gründe dafür erkennen, warum die Schweiz in letzter Zeit so viele aussergewöhnliche und originelle Frauenstimmen hervorgebracht hat?

Nr. 42 –



Ich glaube schon, dass es da so etwas wie eine neue Strömung gibt. Nach den Vorreiterinnen wie Sophie Hunger, oder auch Heidi Happy, fühlten sich wahrscheinlich auch viele junge Musikerinnen in ihrem Tun bestärkt und wagten den Schritt nach draussen. Anna Kaenzig

Mal halb lang, soviele sind da gar nicht. und ausserdem gibts genauso viele neue Indiebands, die gross oder halbgross rauskommen. ich denke das liegt daran, dass das Business grad mega wächst …da gibts einfach mehr von allem. Evelinn Trouble

When I read this question, I immediatley got this picture from Greek Mythology: The sirens on the rocks. These beautiful women, seemingly stranded, singing out these beautiful songs and luring in the sailors. There is something mystically and universally alluring about a woman and a guitar. It’s also a timeless image. I can’t say why there is exactly this trend at this moment, but I can say that in my 8 years Switzerland’s music scene has come a really long way. Things are really happening presently and I think it’s an inspiring moment to make music. Brandy Butler

Ich denke nicht, dass sich diese Frauenstimmen tatsächlich vermehrt haben... Ich denke, der Fokus auf sie hat sich einfach verstärkt. Im selben Verhältnis, wie es heute einfach viel mehr Bands in der Schweiz gibt, die Alben aufnehmen und herausbringen, als noch vor 5–10 Jahren. Von einer Mode würde ich nicht sprechen, das täte diesen Frauen unrecht. Bei einem Genre, Indie-Rock, beispielsweise, kann man in meinen Augen noch von einer Mode sprechen. Aber gute Frauenstimmen, die kommen wohl nie «aus der Mode». Fabienne Schmuki, Irascible Vertrieb

Ich glaube, es gab sie schon immer, die Frauen, die in die Saiten, Tasten oder was auch immer hauten, nur wollte sie niemand sehen oder hören. Kaum aber schafft es eine überaus begabte Musikerin aus dem Schatten zu treten, stürzen sich die Medien auf alle anderen, die in denselben Topf geworfen werden können und nach ihr folgen. Schade eigentlich. Dabei geht viel verloren. Plötzlich sind es nur noch tausende «Sophie Hunger’s» anstatt einzelne, eigenständige Individuen, was weder für den Leser, die Musikschaffenden noch für Hunger selber extrem interessant und angenehm zu sein scheint. Was auch eine schreckliche Folgereaktion ist, dass die Medien mittlerweile Musikerinnen und deren Fähigkeiten zelebrieren, die zwar in den Topf passen, aber keine grossen Qualitäten aufweisen können. …Es ist also nicht nur die Musikbranche, die bachab geht und sich wandelt, sondern auch der ganze Journalismus (in diesem Fall Kulturjournalismus). Fiona Daniel

Ich habe diese Frage sehr oft gestellt bekommen und mir auch immer wieder Gedanken darüber gemacht. Ich hatte mir sogar überlegt, mein MA-Paper in Gender Studies über den Schweizer Diskurs über Schweizer Songwriterinnen zu schreiben. Denn diese Frage ist interessant. Und vielschichtig. Nun. Ich denke es gibt verschiedene Gründe dafür. Verschiedene, die zusammenspielen, wie so oft. Einer davon ist, dass man in letzter Zeit begonnen hat, Frauen in der Schweizer Musikszene besser wahrzunehmen. Sie waren allerdings schon immer da. Man hat sie einfach nicht gehört. Eine mediale Tendenz verstärkter Wahrnehmung löst möglicherweise wiederum eine Art Trend aus, der anderen Frauen ermöglicht, besser gehört zu werden, und/oder sie motiviert, sich mit ihrem Material an die Öffentlichkeit zu wagen und als selbstbestimmte Akteurin aufzutreten. Und das ist gut so. Eine grosse Bereicherung der Schweizer Szene, wie ich finde. Es gibt viele verschiedene, tolle Musikerinnen. Lena Fennell

Ich denke, Sophie Hunger war die Auslöserin dafür. Ihr Erfolg hat viele Sängerinnen dazu motiviert, sich der Öffentlichkeit zu stellen, was ich super finde. Sophie Hunger ist aber meiner Meinung nach ein Ausnahmetalent. Natasha Waters

Es ist sicher ein Trend, der in der Schweiz mit dem sensationellen Erfolg von Sophie Hunger nochmals Aufwind bekommen hat. Lustigerweise macht der Trend vor der Mundartmusik halt. Es gibt viele neue und originelle Liedermacher, aber hier fehlen die Frauenstimmen. Mani Matter scheint viele Söhne, aber kaum Töchter zu haben. Lisa Catena

Ich kann darauf keine spontane Antwort geben. Grundsätzlich wachsen Pflanzen dort, wo Licht hinfällt. Wieso die Sonne scheint fragen sie den Petrus. Vielleicht liegt es an der Eigenschaft, dass Frauen sich irgendwann für eine oder zwei Bands entscheiden, während junge Musiker gerne auf mehreren Hochzeiten tanzen. Pamela Méndez

Das Frauenthema liegt definitiv in der Mode. Das zeigt auch die Entscheidung einen Text wie diesen zu verfassen. Eine Mode wird zur Mode durch externe wie auch interne Einflüsse. Erfolgreiche Frauen in der Musik gibt es überall auf der Welt. Für die Schweiz ist es etwas Neues. Und es ist definitiv sehr, sehr lange her, dass jemand international oder zumindest Europaweit derart erfolgreich war oder ist wie Sophie Hunger. Wenn – entschuldigung meine Wortwahl – ein Produkt einer Firma erfolg hat, dann wird es von einer andern Firma imitiert, um es genau so erfolgreich zu verkaufen. Mit Firma meine ich hier Zeitungen, Labels, Klubs, die Menschen selber. Schlussendlich geht es dann leider ums Geld oder das Ansehen. Diese Art der Vermarktung birgt aber eine grosse Gefahr in sich. Denn jede Mode ist irgendwann zu Ende. Was passiert dann mit den Frauen? Können sie sich in der Musikwelt etablieren? Oder werden sie bis dann total verhasst sein? Und ganz ehrlich gesagt hat die Sache einen sehr falen Beigeschmackt: Denn ich möchte nicht auf Grund meines Geschlechtes gefördert werden, sondern auf Grund meiner Arbeit. Im Prinzip ist es nichts anders als umgekehrter Antifeminismus. Was wiederum zeigt, dass man mit dieser Sachen noch nicht im Einklang steht. Verena von Horsten

Ich hoffe nicht, dass Leute Musik hören, weil sie in der Mode ist, sondern weil sie berührt. Heidi Happy

Ich bin wie gesagt erst vor knapp zwei Monaten in die Schweiz zurückgezügelt und hatte noch keine Zeit mir zwischen Happy, Hunger und Trouble Übersicht zu verschaffen. In dem Sinne kann ich dazu nichts sagen. Freue mich aufs Reinhören. Joana Aderi

Das ist schwierig zu sagen. Ich finde es toll, dass es momentan so ist und es im Vergleich zu vor ein paar Jahren mehr Frauenstimmen gibt. Dieser Trend reflektiert sich bei den Jugendlichen zur Zeit nicht unbedingt. Im Zürcher Nachwuchswettbewerb «Band it» gibt es immer noch fast nur Männerbands und nur selten weibliche Bandmitglieder oder Frauenstimmen. Es wird also spannend sein, zu beobachten, ob das in ein paar Jahren immer noch so sein wird. Annakin