Ausserdem: Blutige Nase und blaue Flecken

Nr. 46 –

Am Dienstagmorgen hat die Zürcher Stadtpolizei das Camp der Occupy-Bewegung auf dem Lindenhof – wie angekündigt – geräumt. Der Einsatz, an dem über achtzig PolizistInnen beteiligt waren, sei «absolut friedlich und verhältnismässig» verlaufen, so Polizeisprecher Marco Cortesi. 31 Personen, die «passiven Widerstand» leisteten, wurden vorübergehend auf die Wache gebracht.

Die Medienberichterstattung widerspiegelte weitgehend die Sichtweise der Stadtpolizei. Nur vereinzelt – etwa in der NZZ – folgte der Hinweis, dass sich verschiedene AktivistInnen über die Unverhältnismässigkeit des Einsatzes sowie leichtere Verletzungen beklagt hätten. Näher mochte niemand auf die Klagen eingehen.

Die WOZ, die bei der Räumung vor Ort war, hat im Anschluss an die Verhöre mit verhafteten AktivistInnen gesprochen. Zusammengefasst kam es während der Räumung zu folgenden Zwischenfällen: Mehrfach griffen Polizisten den AktivistInnen, die im Kreis am Boden sassen, ins Gesicht, um sie wegzuzerren. Eine Aktivistin erlitt Nasenbluten, ein anderer eine Platzwunde am Kopf. Mehrere AktivistInnen wiesen an den Handgelenken blaue Flecken auf, weil die Kabelbinder zu fest angezogen waren. Ein Aktivist wurde aus nächster Nähe mit Pfefferspray besprüht, einem weiteren wurde eine Kamera samt Chip weggenommen. Die WOZ hat die Stadtpolizei Zürich mit den Zeugenaussagen konfrontiert, bis Redaktionsschluss jedoch keine Antwort erhalten.

«Die heftigste Erfahrung war allerdings nicht physischer Art», sagt ein Verhafteter. «Was Angst macht und hilflos zurücklässt, ist die Zerstörung einer basisdemokratischen, gewaltfreien und kooperationsbereiten Versammlung durch bewaffnete und gepanzerte Polizisten in krasser Überzahl.»

Vorläufig bis Ende des Jahres darf die Occupy-Bewegung ein neues Camp auf dem Areal der Citykirche Offener St. Jakob beim Stauffacher aufstellen. «Gastgeberin» ist dort nicht die Stadt Zürich, sondern die reformierte Kirchgemeinde Aussersihl.