Kommentar: Alle zwei Wochen eine Tote

Nr. 48 –

Die gute Nachricht zuerst: Die Zahl der Straftaten, die im Jahr 2010 in der Schweiz im Kontext von häuslicher Gewalt verübt wurden, ist gegenüber 2009 um drei Prozent gesunken. Das ist schon das Ende der guten Nachrichten. Denn die Zahlen sind noch immer schockierend: 2010 wurden gemäss Kriminalstatistik 15 768 Straftaten im Kontext häuslicher Gewalt verübt – 41 Prozent aller erfassten Gewaltstraftaten. Durchschnittlich jede zweite Woche stirbt jemand durch häusliche Gewalt, einmal pro Woche findet ein versuchtes Tötungsdelikt statt. Etwas über zwei Drittel der Opfer sind Frauen, knapp ein Drittel Männer. Nicht berücksichtigt ist Gewalt gegen Kinder, da es kaum Studien dazu gibt. Laut einer Studie des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung sind «Menschen mit Migrationshintergrund häufiger in Paargewalt involviert».

Doch die häusliche Gewalt auf ein «Ausländerproblem» zu reduzieren, ist falsch, denn die Faktoren sind vielfältig: eigene Gewalterfahrung in der Kindheit, Suchtmittelkonsum, tiefes Bildungsniveau, ungleiche Machtverhältnisse oder mangelhafte Stressbewältigungsstrategien. Sie wehre sich dagegen, dass häusliche Gewalt kulturalisiert werde, betonte Cécile Bühlmann, Geschäftsleiterin des Christlichen Friedensdienstes, an der Pressekonferenz zur Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Dass häusliche Gewalt bei MigrantInnen häufiger vorkomme, liege vor allem daran, dass sich bei ihnen häufig Risikofaktoren kumulierten.

Zwar ist Gewalt in Ehe und Partnerschaft seit 2004 ein Offizialdelikt, das von Amtes wegen verfolgt werden muss. Doch noch immer wird die häusliche Gewalt verharmlost. Das Eidgenössische Büro für Gleichstellung plant für nächstes Jahr eine Studie zu den volkswirtschaftlichen Kosten von Gewalt in Paarbeziehungen, Schätzungen gehen von mehreren Millionen Franken aus. Es ist zu hoffen, dass Bund und Kantone aufgrund solcher Zahlen zu mehr finanzieller Unterstützung für die Prävention und die Bekämpfung häuslicher Gewalt angeregt werden. Das Geldargument zieht fast immer.