Simbabwe: Verantwortung ​ ohne Macht

Nr. 48 –

Die möglichen Erben streiten sich: Am Parteitag der Zanu-PF des Autokraten Robert Mugabe könnte die Nachfolgefrage entschieden werden.

Es kümmert ihn wenig, dass er im nächsten Februar 88 Jahre alt wird, dass er krank ist und kaum in der Lage, einen anstrengenden Wahlkampf zu führen – von weiteren fünf Jahren im Amt ganz zu schweigen. Und so will Simbabwes Präsident Robert Mugabe am Kongress seiner Partei Zimbabwe African National Union (Zanu-PF) nächste Woche erneut als Präsidentschaftskandidat aufgestellt werden.

Doch die Partei steht nicht mehr einmütig hinter ihm, erstmals löst seine Kandidatur keine hymnischen Gesänge aus. Selbst einige seiner engsten AnhängerInnen würden ihn am liebsten von hinten sehen, wie bei Wikileaks zu lesen war. Und das liegt nicht nur an seiner Krankheit, die die Staatskasse in diesem Jahr schon neun teure Asienreisen kostete.

Zerrissene Partei

Daher wird sich der Zanu-PF-Parteitag wohl weniger mit Mugabes Kandidatur als mit seiner Nachfolge beschäftigen. Diese Frage zerreisst die Partei schon länger. Über Jahre hinweg stritt sich Verteidigungsminister Emmerson Mnangagwa mit dem mächtigen Armeechef Solomon Mujuru, dessen Frau Joice seit 2004 Vizepräsidentin ist. Mujurus Tod Mitte August (er starb auf seiner Farm unter noch ungeklärten Umständen) schwächte dessen Fraktion. Es gibt jedoch noch andere aus der Armee- und Parteispitze, die gerne Präsident würden, darunter etwa der langjährige Minister Saviour Kusukuwere, dem zahlreiche Gewalttaten nachgesagt werden und den Mugabe im blutigen Wahlkampf von 2008 für die «Indigenisierung» ausländischer Unternehmen eingesetzt hatte.

Damals war Mugabe nur deshalb Präsident geworden, weil sich Morgan Tsvangirai, Chef der grösseren Fraktion des Movement for Democratic Change (MDC), wegen der Gewalttätigkeit von Zanu-PF vor dem zweiten Wahlgang zurückgezogen hatte. Beim ersten hatte er noch deutlich vorne gelegen. Danach kam es zu einer Koalitionsvereinbarung von Zanu-PF und zwei MDC-Fraktionen, die Tsvangirai zum Regierungschef machte – doch viele vereinbarte Reformen wurden bisher nicht umgesetzt. So führt das Wahlregister noch immer rund 41 000  über Hundertjährige und etwa 2,6 Millionen mehr Wahlberechtigte als Personen im wahlfähigen Alter. Die Wahlkommission wird weiterhin von Zanu-PF dominiert, und ein Volksentscheid zum Verfassungsentwurf lässt weiter auf sich warten.

Es ist also viel liegen geblieben. Die 2008 vereinbarte Medienreform wurde nicht angegangen, die repressiven Gesetze bestehen weiter, der Zentralbankgouverneur und der Generalstaatsanwalt sind entgegen der Koalitionsvereinbarung noch im Amt. Regierungschef Tsvangirai hat zwar einige wirtschaftliche Erfolge erzielt, aber keine Stabilität schaffen können – er trägt Verantwortung, hat aber keine Macht. Noch immer boykottieren Zanu-PF-Minister und -Beamte die Kabinettssitzungen, noch immer verdrücken sich Zanu-PF-Provinzgouverneure, wenn Tsvangirai ihre Bezirke besucht. Und seit Januar wurden 600 MDC-AnhängerInnen aus fadenscheinigen Gründen verhaftet.

Die Repressionen halten an. Anfang November attackierten bewaffnete Zanu-PF-Schläger MDC-Versammlungen in Harare und Matabeleland; es gab zwei Dutzend Verletzte. In Harare terrorisiert eine vermutlich von Zanu-PF-Grössen finanzierte Gang namens Chipangano die Bevölkerung. Sie zwingt MarkthändlerInnen und Buspassagiere zu Geldabgaben und erpresst von weissen Unternehmen Mittel zur Finanzierung des Zanu-PF-Kongresses. Und immer wieder verbieten die Polizeibehörden MDC-Veranstaltungen oder lösen sie prügelnd auf.

Politische Lähmung

Wie sehr Auseinandersetzungen die politischen Prozesse lähmen, zeigt auch der aktuelle Streit zwischen Finanzminister Tendai Biti (MDC) und Bergwerksminister Obert Mpofu (Zanu-PF). Es geht dabei um die Erlöse aus den grossen Diamantenvorkommen. Im Rahmen des Kimberley-Prozesses, der den Handel mit Blutdiamanten unterbinden soll, war vor kurzem das Embargo gegen Simbabwe aufgehoben worden – und auf diese gewaltigen Summen hat es die Zanu-PF-Elite abgesehen.

Unter diesen Umständen ist an Regieren kaum zu denken – zumal Regierungschef Tsvangirai auch bei den Regierungen der 
Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) kaum Unterstützung findet. Als er vor kurzem Südafrikas Präsident Jacob Zuma die Gewalttaten und den Kollaps der Rechtsordnung schilderte, wiegelte dessen Team (das sich eigentlich um eine Vermittlung zwischen den simbabwischen KontrahentInnen bemühen sollte) ab, dass die Wahlen im nächsten Jahr natürlich nur unter friedlichen Umständen stattfinden können. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.