Ausserdem: Zuppigers Steuersatz

Nr. 50 –

Kaum eine andere Volksinitiative hat schon kurz nach der Lancierung ein derartiges Echo in den Medien gefunden wie die im vergangenen August von EVP, SP und Grünen getragene Erbschaftssteuerreform-Initiative. Und keine andere hat je zu Vermögensverschiebungen in Milliardenhöhe geführt, bevor sie überhaupt zustande gekommen ist. Angestachelt von Hauseigentümerverband, Economiesuisse, SVP und FDP überschreiben landauf, landab Reiche und Superreiche ihre Einfamilienhäuser und Villen auf die Nachkommen. Der Grund liegt in der Vorwirkungsklausel der Initiative: Wird sie dereinst angenommen, gilt sie ab 1. Januar 2012.

Die Aufregung der Reichen über die Initiative ist nicht zuletzt deshalb gross, weil seit Ende der neunziger Jahre ein Kanton nach dem anderen die Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen abgeschafft hat. Die Angstmache, die Reichen würden in Kantone ohne Erbschaftssteuer abwandern, hatte beim Stimmvolk verfangen. Heute gibt es nur noch in drei Kantonen sehr bescheidene Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen. Den höchsten Satz erhebt mit 3,5 Prozent die Waadt. Nun droht die eidgenössische Initiative die auf der kantonalen Ebene erreichte Abschaffung der Erbschaftssteuer zunichtezumachen.

Auch der Schweizerische Gewerbeverband hat sich bis vor kurzem entschieden gegen die im vergangenen August lancierte Erbschaftssteuerreform-Initiative gestellt. Die Erbschaftssteuer sei ein unberechtigter Eingriff ins Eigentum, wird in einem Positionspapier des Verbands zu dieser Initiative festgehalten. Nun erhält die Idee einer Erbschaftssteuer aber unerwartet Unterstützung von Bruno Zuppiger, dem Verbandspräsidenten. Er hat von einem ihm anvertrauten Nachlass eine Art private Erbschaftssteuer erhoben. Anders als die Initiative, die nur Nachlässe über zwei Millionen Franken mit zwanzig Prozent besteuern will, gewährt Zuppigers Erbschaftssteuer keinen Freibetrag. Auch beim Steuersatz kennt Zuppiger keine Gnade. Er beträgt konfiskatorische hundert Prozent. Ob er sich als Bundesrat in diesem Gremium für eine Erbschaftssteuer eingesetzt hätte, die allen zugutekommt, ist allerdings mehr als fraglich.

Hans Kissling ist Volkswirtschafter und Publizist.