Fussball und andere Randsportarten: Alles mit den Beinen

Nr. 8 –

Pedro Lenz berichtet von den wahren Gefahren, die ausserhalb des Platzes auf Fussballer lauern

Nicht bloss Kulturbeflissene erinnern sich möglicherweise an den schönen, alten Schlager von Friedrich Hollaender, in dem es hiess: «Ich mache alles mit den Beinen / alles mit den Beinen / lachen oder weinen / alles mit den Beinen.» Der Song war derart eingängig, dass ihn Jahrzehnte später der Kultrocker Udo Lindenberg in einer sehr hörenswerten Version aufgenommen hat. Selbst der argentinische Fussballstar Ever Banega scheint von diesem Lied schon gehört zu haben. Anders ist kaum zu erklären, wie der Spieler des FC Valencia letzte Woche auf die Idee kommen konnte, seine Luxuskarosse mit den Beinen bremsen zu wollen.

Die Geschichte begann harmlos. Ever Banega tat, was stark motorisierte Fussballer nicht selten tun müssen, er steuerte seinen Wagen an eine Tankstelle. Neben der Tanksäule stieg er aus dem Auto, um den Tankdeckel zu öffnen. Bis dahin schien alles in Ordnung zu sein. Doch dann bemerkte Banega, dass er vergessen hatte, die Handbremse anzuziehen. Der Fussballer musste zusehen, wie sein Wagen bedächtig, aber stetig gegen einen Randstein rollte. Bestimmt hätte der Randstein das langsam rollende Auto gebremst. Das Problem war bloss, dass Ever Banega verhindern wollte, dass sein tiefergelegter Bolide einen Kratzer am Lack des Spoilers abkriegt. Also habe er sich spontan dazu entschlossen, einen Fuss zwischen den Randstein und das heranrollende Gefährt zu stellen.

Unglücklicherweise ist das Auto eines Fussballstars in der Regel stark und schwer. Stärker jedenfalls, als die zarten Knochen eines argentinischen Filigrantechnikers. Jetzt hat Ever Banega ein gebrochenes Schienbein und ein gebrochenes Wadenbein. Die Knochenbrüche sind inzwischen in einer zweistündigen Operation mit Schrauben und Platten geflickt worden. Der zuständige Arzt rechnet damit, dass die Heilung lange dauern könnte und sein Patient mindestens sechs Monate ausfallen wird. Ob immerhin das schnittige Auto unversehrt geblieben ist, war der entsprechenden Medienmitteilung nicht zu entnehmen.

Auch eine andere wichtige Frage bleibt vorerst ungeklärt. Ob es sich bei Ever Banegas Doppelbeinbruch um den dümmsten Nichtbetriebsunfall in der Geschichte des FC Valencia handelt, ist unter Fachleuten umstritten. Vor Jahren hatte zum Beispiel Santiago Cañizares, damaliger Stammtorwart des gleichen Klubs und der spanischen Nationalmannschaft, im Badezimmer versucht, mit dem nackten Fuss ein herunterfallendes Parfümfläschchen zu stoppen. Das Fläschchen zerbarst trotzdem, und der Goalie trat derart unglücklich in die Glasscherben, dass die Schnittverletzungen am Fuss seinen Einsatz bei der Fussballweltmeisterschaft 2002 vollkommen unmöglich machten.

Ganz ohne Parfümfläschchen schaffte es dagegen der englische Exspieler des Hamburger Sportvereins Kevin Keegan, sich im Badezimmer Schaden zuzufügen. Keegan verletzte sich, als er mit einem Zeh im Abfluss der Badewanne stecken blieb. Nicht ganz ohne war auch der Unfall des walisischen Internationalen Darren Barnard, der einst in seiner Küche auf einer Urinlache seines Hundes ausrutschte und dabei einen Kreuzbandriss erlitt.

Die Liste der skurrilen Fussballerunfälle könnte endlos weitergeführt werden. Trotzdem steht dem bisher letzten Opfer Ever Banega die zweifelhafte Ehre zu, der erste Profifussballer zu sein, der sich vom eigenen Auto hat überfahren lassen.

Falls die aufopfernde Liebe zu seinem Automobil dem hinkenden Fussballprofi im Nachhinein peinlich sein sollte, sei ihm hiermit empfohlen, den anfangs erwähnten Song in der Version von Udo Lindenberg nochmals in aller Ruhe zu hören. Besonders tröstlich dürften die Zeilen sein, in denen es heisst: «Selbst die heil’ge Liebe / will mir so nur halb so heilig scheinen / Ich kann ihre Peinlichkeit / mit meiner Beinlichkeit vereinen.»

Pedro Lenz hat einschlägige Erfahrungen 
mit Nichtbetriebsunfällen. So hat er sich 
einst an einem Kleiderhaken in einer Beiz 
eine Platzwunde am Kopf geholt, die genäht werden musste.