Afrika bewegt die USA : Kony, Clooney und Kampagnen

Nr. 12 –

Die Internetkampagne der US-amerikanischen Hilfsorganisation Invisible Children (IC) für die Verhaftung des ugandischen Kriegsverbrechers Joseph Kony war ein viraler Weltrekord: Bereits nach sechs Tagen soll das Kampagnenvideo hundert Millionen Mal angeklickt worden sein (siehe WOZ Nr. 11/12 ). Die vergangene Woche hat nun aber gezeigt, wie rasch Organisationen, die stark auf soziale Medien setzen, die Kontrolle über ihre Kampagne verlieren können.

Nicht Joseph Kony wurde letzten Donnerstag verhaftet, sondern Jason Russell – Regisseur und Protagonist des IC-Videos. Russell soll in einer Strasse San Diegos nackt und Autos demolierend erwischt worden sein. Seither wimmelt es in den sozialen Medien von hämischen Kommentaren, aber auch von substanzieller Kritik, die vorher fast nur in den traditionellen Medien und in Uganda zirkulierte: IC fördere US-imperialistische Absichten und die eigene Bereicherung, erfülle aber nicht die Bedürfnisse der UganderInnen. Einige von ihnen distanzierten sich mit Steinwürfen bei Filmvorführungen von der Kampagne, der ugandische Präsident Yoweri Museveni per YouTube-Video.

Einen Tag nach Russell wurde auch Schauspieler George Clooney verhaftet – weil er (und andere) vor der sudanesischen Botschaft in Washington gegen Khartums Angriffe auf die eigene Bevölkerung demonstrierte. Im südlichen Sudan bahnt sich derzeit eine humanitäre Katastrophe an; der Präsident des Sudans, der mutmassliche Kriegsverbrecher Omar al-Baschir, gewährt selbst humanitären Organisationen keinen Zugang. Im Gegensatz zum IC-Schnellschuss ist Clooneys Engagement lokal gut abgestützt und macht auf einen kaum beachteten Konflikt aufmerksam. Internationaler Druck erscheint hier unabdingbar, um die lokale Bevölkerung zu schützen.
Markus Spörndli