Landgrabbing: Begehrtes Land von schwachen Staaten

Nr. 18 –

Als vor über vier Jahren die Preise für Agrarprodukte explodierten, gewann auch ein Phänomen an Bedeutung, das vorher in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden war: das sogenannte «Landgrabbing» – der grossflächige Landerwerb durch finanzkräftige Staaten und transnationale Konzerne in wenig entwickelten Weltgegenden. Dabei geht es meist um undurchsichtige Deals, die von den AkteurInnen nicht an die grosse Glocke gehängt werden. Und so konnte man bisher über das globale Ausmass und die Auswirkungen des Landgrabbing nur spekulieren.

Nun bringt eine Gruppe verschiedener Entwicklungshilfe- und Forschungsorganisationen (unter anderen das Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt, CDE, der Universität Bern) eine gewisse Klärung: In einem Bericht wertet die Gruppe umfangreiches Datenmaterial aus, das sie seit 2000 in ihrer öffentlich zugänglichen «Land Matrix»-Datenbank sammelt.

Die ForscherInnen haben über 1200 grössere transnationale Agrarlandtransaktionen in Entwicklungsländern erfasst. Sie zeigen auf, dass das Landgrabbing zwar seit seinem Höhepunkt 2009 etwas zurückging, aber ein langfristiger Trend ist. Dafür sorge eine global steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Wasser und Energieressourcen. Das meiste Land wurde in Afrika gekauft: insgesamt 56,2 Millionen Hektaren – das sind 4,8 Prozent des gesamten Agrarlands des Kontinents und entspricht der Fläche Kenias. In Asien wurden 17,7 Millionen Hektaren durch ausländische AkteurInnen erworben, in Lateinamerika 7 Millionen.

Die KäuferInnen sind grösstenteils private (442 Käufe) und staatliche (172 Käufe) Unternehmen. Ihr Firmensitz liegt vornehmlich in aufstrebenden Ländern wie Brasilien, Südafrika, China, Indien oder in den Golfstaaten, in den USA und in Europa. Bei den Käufen konzentrieren sie sich auf ärmste, schwache Staaten, in denen die Bodenbesitzverhältnisse kaum geregelt sind. Fast die Hälfte des gekauften Bodens ist bereits genutztes Agrarland. Die Studie belegt damit, dass die InvestorInnen zu einem grossen Teil nicht neues Agrarland erschliessen, sondern mit lokalen BäuerInnengemeinschaften um fruchtbares Land konkurrieren.

Und die Schweiz? In der Datenbank finden sich drei Deals der schweizerischen Agroenergiefirmen Bioenergy International und Green Power Holding. Hinzu kommt eine Transaktion eines unbekannten Unternehmens. Die erfassten Schweizer Unternehmen haben in Ostafrika – in Kenia, Mosambik und Äthiopien – insgesamt knapp 186 000  Hektaren Land für den Jatropha-Anbau erworben.

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