Kultour

Nr. 24 –

Festival

Uncool im Puschlav

Erneut wird im Puschlav die Landung des Sun Ra Arkestra erwartet. Gesteuert wird das Spaceship weiterhin vom Altsaxofonisten Marshall Allen, der inzwischen den 88. Frühling hinter sich hat. Das Arkestra wird während einer Woche die Talschaft in eine andere Klanglandschaft verwandeln. Es ist seit 2003 regelmässiger Gast und mit der Gegend vertraut. Dieses Jahr sind noch einige zusätzliche MusikerInnen dabei. Der wuchtige Bläsersatz wird mit Craig Harris (Posaune) und Vincent Chancey (French Horn) erweitert. Dann ist der Pianist Farid Barron, der vor Jahren kurz angedockt hat, wieder mit dabei, um die Erinnerung an den 1993 in Richtung Saturn verschwundenen Sun Ra lebendig zu halten. Damit nicht genug: Für die Theaterperformances von «Oedipus» und «Akhenaten» sind zwei Tänzerinnen dabei, und das Arkestra wird mit Violine, Viola, Cello und Kora zum Grossorchester ausgebaut.

Das Programm wird erweitert mit geführten Bergwanderungen, Installationen, Filmen und Diskussionen. Mit Peter Giger steht auch ein Pionier der einheimischen Schlagzeugtradition auf dem Programm. Er ist solo, im Duo und im Trio zu hören.

Das Uncool-Festival findet seit 1999 in unregelmässigen Abständen statt. Nach Cecil Taylor, Werner Lüdi, Charles Gayle und anderen wurde 2003 Marshall Allen speziell geehrt. Dieses Jahr steht mit Michael Ray der Trompeter des Arkestra im Rampenlicht. Er spielt zum Abschluss des Uncool traditionsgemäss auf der Alp Palü und lässt von dort aus am Sonntagnachmittag die Trompetenklänge durch die Talschaft wehen.
Fredi Bosshard

Poschiavo Piazza, Cinema Rio, Stazione, Alp Palü, Mo, 18., bis So, 24. Juni 2012. 
Alle Veranstaltungen sind gratis. 
www.uncool.ch

Figura in Baden

Zum zehnten Mal findet in Baden das Figurentheaterfestival Figura statt – die internationale Biennale des Bilder-, Objekt- und Figurentheaters.

Das Programm umfasst Figurenstücke für Erwachsene, Jugendliche und Kinder; die Formate reichen vom Minidrama bis zu opulenten Bilder- und Tanztheaterstücken, vom Strassen- bis zum zeitgenössischen Objekttheater. Während fünf Tagen sind rund 32 Inszenierungen aus zehn Ländern zu sehen, darunter achtzehn Schweizer Erstaufführungen.

Speziell hingewiesen sei hier auf das Stück «Drei kleine Selbstmorde», das Gyula Molnar sowohl geschrieben hat wie auch in Eigenregie spielt. Der Ungar ist einer der wichtigsten Vertreter der internationalen Objekttheaterszene, lebt seit 1968 in Italien und hat sich als Autor, Schauspieler, Regisseur wie auch als Bühnenbildner und Zeichner einen Namen gemacht.

In «Drei kleine Selbstmorde» wirft er in drei Miniaturen einen liebevoll-schrägen Blick auf die unerbittliche Härte des Alltags. Das Stück, das vor zwanzig Jahren das Genre des Puppentheaters revolutioniert hat, zählt heute zu den Klassikern des zeitgenössischen Objekttheaters. Ein Stück, geprägt von der komödiantischen Kunst und dem hintergründigen Humor eines wunderbaren Schauspielers.

Am Freitag, 15. Juni 2012, findet im Anschluss an das Stück «Jerk» im Theater im Kornhaus eine Podiumsdiskussion zum Thema «Puppe und Gewalt» statt. Mit auf dem Podium: WOZ-Redaktor Jan Jirát.
Adrian Riklin

«10. Internationale Biennale des Bilder-, Objekt- und Figurentheaters» in: Baden Diverse Spielorte. Bis So, 17. Juni 2012.

«Drei kleine Selbstmorde» in: Baden Teatro Palino, Do, 14. Juni 2012, 22 Uhr, Fr, 15. Juni 2012, 22.30 Uhr. 
www.figura-festival.ch

Bollywood in Thun

Filme und mehr verspricht das dritte Bollywood Festival Thun, mit dem der indische Film und die indische Kultur gefeiert werden. Die Eröffnung findet auf dem zum Open-Air-Kino umgewandelten Rathausplatz statt. «The Best Exotic Marigold Hotel» von John Maden macht den Auftakt: Der Film erzählt von sieben älteren Engländern, die alle aus unterschiedlichen Gründen nach Indien reisen und in einem Hotel landen, das einen ganz eigenen Charme versprüht.

Neben Bollywoodklassikern wie «Fanaan» (2006) von Kunal Kohli oder «Meghe Dhaka Tara» (1960) von Ritwik Ghatak oder «Om Shanty om» (2007) von Farah Khan sind auch spannende Dokumentarfilme zu sehen. Etwa Karl Saurers «Ahimsa – Die Stärke von Gewaltfreiheit» (siehe WOZ Nr. 23/12 ) oder «Gertrud und ihr Kino in Bombay». Die Filmemacherinnen Rita Ziegler und Maya Hauser porträtieren in ihrem Film eine Deutsche, die seit den fünfziger Jahren in Indien lebt und einst mit ihrem indischen Ehemann über 300 Kinos in ganz Indien besass. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm sie seine letzten drei und erhöhte während dreissig Jahren nie den Eintrittspreis. So wurden die Kinos zum Treffpunkt für Menschen, die sich sonst den Eintritt nicht hätten leisten können. Hauser wird am Freitag nach der Vorstellung in Thun anwesend sein.

Neben Filmvorführungen gibt es auch Tanzaufführungen, Spiele und Konzerte unter anderem vom in Bern lebenden Inder Sujay Bobade, der die indische Bambusflöte spielt und mit Shrirang Mirajkar (Tabla) und Doris Klotz (Tampura) auftritt.
Silvia Süess

Bollywood Festival in: Thun Rathausplatz, Kino City und Konzepthalle 6, Do, 14., bis So, 17. Juni 2012. 
www.bollywood-festival.ch

B-Sides in Kriens

Der Sonnenberg ob Kriens gehört zu den schönen Festivalgeländen im Land. Bereits zum siebten Mal wird es heuer bespielt, im Programm finden sich Acts wie Züri West, PeterLicht, Greis, El Ritschi, King Khan & The Shrines, I Break Horses, Ebsen and The Witch und andere.

Der holländische Instrumentenbauer Yuri Landmann stellt sein «string field plate» vor und bietet einen Workshop an. Die grosse, mit Saiten bespannte Holzplatte, die mit Tonabnehmern bestückt ist, spielt er dann als Mitglied seiner Band Bismuth auch im Konzert. Das im letzten Jahr erstmals auf die Beine gestellte Kinderprogramm wird weiter gepflegt, und so wird das B-Sides zum Fest für die ganze Familie.
Fredi Bosshard

B-Sides Festival in: Kriens Sonnenberg, 
Do, 14., bis Sa, 16. Juni 2012. 
www.b-sides.ch

Buchvernissage

Alfred Huggenberger

Leben und Werk von Alfred Huggenberger (1867–1960) waren bislang nur wenig erforscht. Nun liegt eine Werkbiografie vor, die WOZ-Autorin Rea Brändle mit dem Historiker Mario König im Auftrag der Thurgauer Regierung in mehrjähriger Forschungsarbeit verfasst hat.

Huggenberger, als Bauernkind im Kanton Zürich nahe der Grenze zum Kanton Thurgau geboren, übernahm in jungen Jahren den elterlichen Hof. Nachdem dieser abgebrannt war, begann er zu schreiben. Seinen Durchbruch schaffte Huggenberger 1907 mit «Hinterm Pflug. Verse eines Bauern». Unterstützt wurde er dabei von Autoren wie Hermann Hesse oder Ludwig Thoma. In den dreissiger und vierziger Jahren liess sich der Schweizer Heimatschriftsteller von den Nazis für deren Blut-und-Boden-Literatur vereinnahmen. Insgesamt verfasste der umstrittene Autor über hundert Prosa- und Lyrikbände – auf Hochdeutsch ebenso wie auf Schweizerdeutsch – sowie zahlreiche Theaterstücke.

Anlässlich der Buchvernissage im Frauenfelder Rathaus berichten Brändle und König in einem Werkstattbericht von ihrer Arbeit, und der Germanist Rémy Charbon referiert zum Thema «Alfred Huggenberger, ein vergessener Erfolgsautor». Musikalisch umrahmt wird der Abend vom Gesangsquartett Frédéric Bolli.
Adrian Riklin

«Huggenberger. Die Karriere eines Schriftstellers» in: Frauenfeld Rathaus, Fr, 15. Juni 2012, 18 Uhr.

Gottlieben Bodmanhaus, Do, 21. Juni 2012, 20 Uhr: «Alfred Huggenberger und Otto Marquard – eine arg strapazierte Freundschaft», mit Rea Brändle und Mario König.

Buch und Ausstellung

Srebrenica

«Dieses Buch will weder analysieren noch kommentieren. Es will den Menschen aus Srebrenica eine Stimme geben, ihre Erinnerungen und Hoffnungen, ihre Wünsche und Probleme zumindest in die deutschsprachige Welt hinaustragen. Es will dafür sorgen, dass Srebrenica nicht vergessen wird.» So steht es in der Einleitung des Buchs «Srebrenica. Und was kommt morgen?». Die Fotografin Conny Kipfer und die Autorin Renate Metzger-Breitenfellner skizzieren in Wort und Bild den Alltag in Srebrenica, der gekennzeichnet ist von Erinnerungen an die Vergangenheit: Am 11. Juli ist es siebzehn Jahre her, dass in der Stadt ein Massaker stattfand, bei dem mindestens 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet wurden.

Die Reportagen im Buch dokumentieren die Veränderungen der letzten siebzehn Jahre: mit Fotos und Porträts, die eine Art Originalton aus der Stadt liefern. Die Buchvernissage wird von Ismar Poric musikalisch begleitet, es liest Graziella Rossi. Gleichzeitig ist die Ausstellung «Rolle des Gedenkens» in Erinnerung an den 17. Jahrestag des Massakers von Srebrenica zu besichtigen.
Silvia Süess

Buchvernissage «Srebrenica. Und was kommt morgen?» in: Luzern Romero-Haus, 
Mi, 20. Juni 2012, 19.30 Uhr.

Ausstellung «Rolle des Gedenkens» in: Luzern Romero-Haus, bis So, 24. Juni 2012, 8.30 bis 18.30 Uhr. www.romerohaus.ch