www.adolf-hitler.ch: Späte Aufklärung

Nr. 26 –

Kurz nach dem WOZ-Artikel über Hermann Lei und die Hitler-Website wurde diese neu aufgeschaltet – mit Änderungen.

  • Der HTML-Quelltext von adolf-hitler.ch vom 18. Juni 2009, bevor die Website abgeschaltet wurde: Von «Aufklärung gegen das Vergessen» war damals keine Spur ... (1/2)
  • Anders die heutige Website, die unmittelbar nach dem letzten WOZ-Artikel online geschaltet wurde. Zuvor wurden Schlagwörter und Beschreibung angepasst, um der Seite einen Anstrich von Aufklärung zu geben. (2/2)

Vor zwei Wochen enthüllte die WOZ, dass Hermann Lei, Thurgauer SVP-Politiker, Rechtsanwalt und Schlüsselfigur in der Affäre Hildebrand, als verantwortliche Person für die Domain www.adolf-hitler.ch eingetragen war. Die WOZ belegte dies mit einem Screenshot, auf dem neben dem Vermerk «Halter» stand: «Schlagwort AG, Hermann Lei», darunter die Adresse von Leis Advokaturbüro in Weinfelden. Gegenüber der WOZ hatte sich Hermann Lei bedeckt gehalten. In einer schriftlichen Stellungnahme bezeichnete er sich aber «als aufrechter Demokrat» und distanzierte sich von «extremistischen Ideologien und Exponenten».

Als die WOZ vor drei Wochen Lei und den damals als technischen Kontakt aufgeführten Reimut Massat befragte, war die Hitler-Seite inaktiv. Seit Erscheinen des WOZ-Artikels ist die Seite wieder aktiv, aufgeschaltet sind vor allem Wikipedia-Inhalte. Als verantwortliche Person wird derzeit Reimut Massat aufgeführt, Leis Klient, für den er im März 2010 nach eigenem Bekunden die Schlagwort AG gegründet hat. Lei und Massat erklärten nach Erscheinen des WOZ-Artikels, es handle sich bei der Website um eine Aufklärungsseite, die auf die Gräuel des Nationalsozialismus hinweise. Massat schrieb auf seinem Blog, die Inhalte seien «seit Dezember 2008 unverändert».

Recherchen der WOZ zeigen jetzt, dass vor dem Aktivieren der Website bemerkenswerte Änderungen vorgenommen wurden: So stand etwa die Beschreibung «Aufklärung gegen das Vergessen» früher nicht da.

Banner nach WOZ-Artikel geändert

Im Internet lassen sich Einträge löschen, Inhalte verändern. So können neue Tatsachen geschaffen werden. Doch das Internet vergisst nicht so leicht. Auf adolf-hitler.ch ist nun zuoberst ein Banner zu sehen, mit dem Untertitel: «Aufklärung gegen das Vergessen». Mit einem Add-on lässt sich im Browser nachvollziehen, wann dieses Banner zuletzt geändert wurde, nämlich am Mittwochabend, 13. Juni, um 19:38:16 Uhr – also rund zwei Stunden nachdem der Artikel über Hermann Lei auf der WOZ-Website online ging. Das allein beweist noch nicht, dass der Slogan «Aufklärung gegen das Vergessen» erst dann hinzugefügt wurde. Theoretisch könnte er zu diesem Zeitpunkt auch angepasst oder optisch aufgefrischt worden sein. Doch ein Blick in den HTML-Quellcode der Website bringt Klarheit.

Im Quellcode lassen sich in der Regel Details einer Website nachlesen: etwa eingetragene Schlagwörter und Beschreibungen, über die die Seite von Suchmaschinen gefunden werden kann. Derzeit sind im HTML-Quellcode von adolf-hitler.ch folgende Schlagwörter zu finden: «Adolf Hitler, Adolf-Hitler.ch, Deutscher Widerstand, Hitler-Biographie, Hitler-Filme». In der Beschreibung der Site heisst es zurzeit: «Aufklärung gegen das Vergessen: Erfahren Sie mehr über die schlimme Zeit des Nationalsozialismus und die Rolle von Adolf Hitler, den deutschen Widerstand gegen Hitler und die Biographie von Adolf Hitler.»

«Judenvernichtung» entfernt

Webdienste wie die Wayback Machine durchstreifen Websites und erstellen dabei sogenannte Snapshots: Die Websites werden archiviert. So lassen sich Inhalte auch Jahre später noch nachverfolgen, selbst wenn sie geändert wurden. Die Seite adolf-hitler.ch wurde 2009 von Januar bis Juni von der Wayback Machine siebenmal archiviert, Schlagwörter und Beschreibungen sind bei allen identisch. Im Quellcode der damals archivierten Website heisst es unter den Schlagwörtern: «Adolf Hitler, Biographie, Hitler-Biographie, Lebenslauf Hitlers, Drittes Reich, Nationalsozialismus, SS, Wehrmacht, 2. Weltkrieg, Judenvernichtung, Nazis». Die Schlagwörter wurden also geändert, um der Seite einen Anstrich von Aufklärung zu geben: Begriffe wie «Judenvernichtung» wurden entfernt, andere wie «Deutscher Widerstand» hinzugefügt. Unter der Beschreibung («description») war damals noch keine Rede von «Aufklärung» oder der «schlimmen Zeit des Nationalsozialismus»; es hiess schlicht: «Erfahren Sie mehr über die Zeit des Dritten Reichs. Wer war Adolf Hitler?»

Lei sagt, er habe keine Änderungen veranlasst und sei nie Halter der Website gewesen. Reimut Massat bestätigt die Veränderungen: Er habe die alten Schlagwörter nicht mehr auswendig gewusst. Er beharrt darauf, dass die Website immer eine Aufklärungsseite gewesen sei.