Enzyklopädie zeitgenössischer Irrtümer (16): Hund (der beste Freund)

Nr. 41 –

Der Hund begleitet den Menschen seit Jahrtausenden. Trotzdem ist er wenig geeignet, des Menschen bester Freund zu sein.

Statistisch betrachtet müsste die Katze des Menschen bester Freund sein – denn es leben hierzulande 1,35 Millionen von ihnen. Hunde gibt es nur eine halbe Million. Doch Katzen machen nicht auf beste Freundin, sie lieben vor allem sich selbst und halten sich Menschen, von denen sie sich lieben lassen.

Hunde sind anders, Hunde sind treu, was sie, sagt man, zum besten Freund des Menschen macht. Schön, nur meine Hunde waren nie so. Vielleicht, weil es alles Secondhandhunde waren, geerbt von Menschen, die zu spät merkten, dass sie gar keinen Hund haben wollten.

Der eine war ein prächtiges Tier und schwebte mehr, als dass er ging, nur war er ein Rassist. Er mochte keine Männer, vor allem keine Männer mit dunkler Haut. Rüden mochte er auch keine und kleine Kinder schon gar nicht. Er war dominant und aggressiv, was nicht das ist, was man sich vom besten Freund erhofft.

Sein Nachfolger glich einem knuddeligen, riesigen Stoffbären. Ein gemütlicher Kerl, dem Kinder und Männer egal waren. Im Büro hielt er sich bevorzugt in der Nähe von Menschen auf, die Hunde nicht ausstehen konnten. Mal übergab er sich neben ihrem Pult, furzte grauenvoll oder lag einfach wie ein lebender, riesiger Teppich mitten im Gang und zwang alle, über ihn hinwegzusteigen. So war er: defensiv dominant. Die vermeintliche Gemütlichkeit entsprang massloser Ignoranz. Zudem folgte er jedem, der ihm etwas Fressbares hinhielt. Das war auch seine Definition von Freundschaft: Wo fressen, da Liebe.

Der nächste war vordergründig der Treuste, aber vermutlich war er eher der Anpassungsfähigste. Er war taub zur Welt gekommen, doch war er so wach, dass seine Behinderung kaum auffiel. Er richtete sich nach den Menschen, weil er wusste, dass er ohne sie untergehen würde.

Bevor ich ihn erbte, hatte er sich zu einem wahren Monster entwickelt, weil er begonnen hatte, seinen Menschen zu verteidigen. Anfänglich gefiel dies dem Menschen, doch dann begann es, aus dem Ruder zu laufen. Aus dem anpassungsfähigen Hund wurde ein bissiges Vieh, das alle in Angst und Schrecken versetzte. In diesem Zustand übernahm ich ihn.

Und jetzt kommt die unangenehmste Wahrheit bezüglich bester Freund: Bei Hunden gibt es nur ein Unten und ein Oben. Das kluge, kleine Monster verlor seine Bissigkeit, als es verstand, dass es nicht der Chef war und auch nicht den Chef spielen musste. Da gab es einen Menschen, der für die Sicherheit selbst sorgen konnte. Das Biest gab die Rambo-Rolle auf, die ihm ohnehin nicht stand, und wurde wieder zu einem sozialverträglichen Tier.

Hunde eignen sich nicht, um beste Freunde zu sein. Freundschaft sollte auf Gleichberechtigung basieren – und die existiert nicht in der Hundewelt. Wer also wirklich einen Freund oder eine Freundin will, soll sich keinen Hund anschaffen.

Hunde sind zweifelsohne Kommunikationskünstler. Sie können uns lesen, und sie wissen immer, ob mensch bereit ist, sich durchzusetzen oder nicht. Oft wissen sie es sogar besser als ihr Mensch. Und daraus ergibt sich zwangsläufig, wer oben ist und wer unten.

Klar gibt es Hunde, die weniger offensichtlich agieren. Die ein bisschen Angst haben, ein bisschen dumm sind und ein bisschen verfressen. Sie laufen nie weg, weil sie sich allein in der grossen Welt fürchten. Sie wollen ihrem Menschen um jeden Preis gefallen. Und tun alles für ein Würstchen.

Kluge, selbstbewusste Hunde marschieren hingegen alleine durch die Welt. Sie bräuchten nur jemanden, der ihnen den Futternapf füllt.

Mein aktueller Hund ist so gestrickt. Er ist kleiner und niedlicher als jeder, den ich zuvor hatte. Er ist aber auch der einzige, der Mäuse fängt und sie tötet, wenn mensch ihn lässt. Er jagt wie ein Berserker Katzen und hält Menschen für angenehme Streichelautomaten.

Warum denn überhaupt Hunde halten, wenn sie als beste Freunde so wenig taugen? Vermutlich gerade deswegen, sie sind eigen, kommen überall hin mit und gleichen den Menschen mehr, als uns lieb ist. Sie zwingen einen an die frische Luft. Sie sind unverschämt vergnügt. Und sie können nicht reden.