Diesseits von Gut und Böse: Die Schweiz 2019

Nr. 8 –

Als zeitgemässes Werbemittel erfüllt das Horrorszenario höchste Ansprüche an eine erfolgreiche Kommunikation. Moderne Abstimmungskämpfe sind darum ohne griffige Schreckensvision kaum mehr denkbar. Nachdem die SVP mit den «Staatskindern hinter Gittern» bereits einen Treffer gegen den Familienartikel landen konnte, scheint es mir das Gebot der Stunde, dem etwas entgegenzusetzen.

Also: Auf leeren Kinderspielplätzen baumeln verrostete Schaukeln leise quietschend im Wind. Familien ohne Erspartes, aber mit Kinderwunsch drängen in schwedische, dänische und norwegische Sprachkurse – Finnisch ist zu schwer –, in skandinavischen Botschaften reissen sie sich um die Einwanderungspapiere. Täglich demonstrieren arbeitslose Primarlehrerinnen und Kindergärtnerinnen; in Einkaufspassagen kauern entlassene Krippenangestellte hinter leeren Plastikbechern. – Nur wo Gutverdienende leben, sieht man ab und zu ein Kind auf der Strasse; die meisten werden in Stretchlimousinen zur Privatschule gefahren, denn immer wieder lauern ihnen Frauen mit unfinanzierbaren Muttergefühlen auf: Einmal nur wollen sie spüren, wie es ist, ein Kind im Arm zu halten.

Eigentlich wollte ich die Idee von Michael Steiner verfilmen lassen. Aber der hatte keine Lust, und das ist vielleicht auch besser so. Sagen Sie am 3. März trotzdem Ja!