«Das Marienbadspiel»: Den Möglichkeiten vorauseilen

Nr. 18 –

Gustave Flaubert als Pate: Roger Monnerat schickt zwei ältere Herren auf eine Reise durch ein kunterbuntes Figurenkabinett.

Zwei reife Männer mit Manieren, René Dubois und Gianluca Pelli, lernen sich im Zug von Basel nach Mannheim kennen. Der eine entdeckt, dass der andere auch Mitglied der Georg-Büchner-Vereinigung ist. Die verdächtig ähnlichen Antihelden sind die Leitfiguren im Bericht «Das Marienbadspiel – und ein Mercedes für Marjampole» des Publizisten Roger Monnerat.

Am Steg der «ältesten motorisierten Fähre Deutschlands» in Sandhofen treffen sie sich zufällig wieder: Dubois, der für sein «Rheinbuch» recherchiert; Pelli, der hier eine Probefahrt mit einem Mercedes machen soll, dem ihm ein insolventer Kunde für eine Werbekampagne anbietet.

Der Autor und sein Erzähler, der seiner schalkhaften Fabulierlust freien Lauf lässt, dabei aber immer auch die Fäden zieht, schickt die beiden auf eine Reise durch Orte und Zeiten, auf der sie mit einem kunterbunten Figurenkabinett Bekanntschaft schliessen. Zuletzt bandeln zwei tschechische Zwillingsschwestern mit den beiden Vagabunden an.

Der Text verfolgt kein eigentliches Ziel, bleibt aber immer bei der Sache. Andererseits bleibt vieles in der Schwebe: Was könnte die beiden Männer «zueinander hin gehoben» haben? Was meint Dubois, wenn er zu Pelli sagt: «Wir haben es offensichtlich beide mit den Realien»? Was sie im Folgenden erleben, gehört jedenfalls eher ins Narrenreich.

Als der «Schwarzgekleidete», Vertreter einer Bewegung für die Rückeroberung von Kulturland, in ihr Leben tritt, sieht es zunächst so aus, als könnte sich jetzt mehr Klarheit einstellen. Der Anonymus: «Wie die beiden Flaubert’schen Helden gehen sie interessiert an allem Neuen durchs Leben und versuchen, die Gesellschaft, die ja leider weit hinter den in ihr angelegten Möglichkeiten herhinkt, zumindest in Gedanken à jour zu bringen.» Ein Fingerzeig darauf, dass Gustave Flauberts unvollendeter Schelmenroman «Bouvard et Pécuchet» die Initialzündung für «Das Marienbadspiel» lieferte? Am Ende ist wieder alles möglich. Roger Monnerat sei Dank!

Buchvernissage in: Basel, Literaturhaus, Donnerstag, 
23. Mai, 19 Uhr.