«Nochmal tanzen»: Pas de deux auf Zeit

Nr. 18 –

Maja Peters Zweitling ist ein feiner Text gegen Kälte und Desillusionierung.

Alice steht vor ihrem Lebensabend, Fleur am Anfang ihres Erwachsenseins. In ihrem (nach ihrem vielgelobten Erstling «Eine Andere» vor drei Jahren) zweiten Roman «Nochmal tanzen» führt die 43-jährige Zürcher Autorin Maja Peter zwei geistig wache und sensible Frauen zueinander: ein Pas de deux auf Zeit zweier unterschiedlicher Schicksalsgefährtinnen, die das Gefühl der eigenen «Unvollkommenheit» verbindet – und auch der Glaube an das kompromisslose Leben und Lieben.

Alice ist Single und längst geschieden («Ich wollte mehr vom Leben, er wollte Kinder»). Der Körper sei ihr «abhandengekommen», als sie vor zwei Jahren ihre Tanzschule aufgab, die sie mit ihrem seelenverwandten Freund Martin geführt hatte. Ihr Leben sei «zum Wunschprogramm geworden», mailt sie Martin, der inzwischen zu seinem Partner nach Thailand gezogen ist: «Sterbe ich, hebt sich alles auf. Aber ich will noch nicht. Da muss noch etwas kommen.» Dieses Etwas ist Alexander, den sie über ein Wunschkonzert am Radio kennenlernt: Sie spürt ihn auf.

Fleur steht kurz vor der Matur und weiss nicht recht, was danach kommen soll. Sie lebt mit ihrer Mutter zusammen, die bei der Einwohnerkontrolle arbeitet. Ihr Vater hat eine neue Beziehung und hatte schon vorher wenig Zeit für sie. Fleur vermisst ihre Herzensfreundin Sarah, die in eine Sekte abgedriftet ist. Fleur ist eine unbequeme Schülerin und eine undankbare Tochter. Sie gibt sich unnahbar und kratzbürstig – und «verkriecht sich im Körper», wie es Alice an einer Stelle kommentiert. Einzig beim Fotografieren ist sie in ihrem Element.

Alice und Fleur sind Nachbarinnen in einer Siedlung in einem Mittellanddorf. Im Zug in Richtung Stadt kommen sie miteinander ins Gespräch. Es entwickelt sich eine zaghafte, liebevolle Atmosphäre zwischen ihnen. Und auf das eine folgt das andere: Fleur realisiert ein Fotoprojekt für die Aufnahme an der Kunstschule, und Alice begibt sich in ein All-Generationen-Tanztheaterprojekt an Fleurs Schule. Fleur wird plötzlich von einem gleichaltrigen Jungen wahrgenommen, Alice und Alexander beginnen eine Beziehung.

«Nochmal tanzen» ist ein feiner Text gegen Kälte, Desillusionierung und Sterblichkeit. Das Figurenarrangement und der sorgfältig gesetzte Perspektivenwechsel zwischen Alice, Fleur und auch den E-Mails zwischen Alice und Martin wirken zuweilen etwas konstruiert. Doch der Sprachfluss und die jeweilige Wortwahl der Autorin ziehen durchwegs in den Bann: Die Frauenfiguren, die die Autorin so einfühlsam beschreibt, gehen einem ans Herz.

Nochmal tanzen. Limmat Verlag. Zürich 2013. 176 Seiten. 32 Franken