Und ausserdem: Innerrhoden, wieder und wieder

Nr. 18 –

Letzten Sonntag fand wieder einmal die Innerrhoder Landsgemeinde statt. Bei den JournalistInnen aus den Städten ist sie so beliebt wie das Appenzeller Bier, das in den Szenebeizen ausgeschenkt wird: ganz anders, ganz originell, obwohl bloss Marketing via Folklore. Noch ein Vollmond-Bier!

Und es gab ja auch viel zu berichten dieses Jahr: Altsäckelmeister Sepp Moser hatte seinen ehemaligen Regierungskollegen Mauschelei vorgeworfen, beim Verkauf von Grundstücken. Überblickbarer Kapitalismus.

Die kritischen JournalistInnen spitzten die Bleistifte. Seit Niklaus Meienberg mit dem einstigen Landammann Raymond Broger ein Wochenende in einer Alphütte zugebracht hat, lässt sich mit einem Text über Innerrhoden oder das Fürstentum Liechtenstein oder sonst einen Kleinstaat noch immer ein Journalistenpreis gewinnen. Etwas kritische Distanz, einige träfe Wörter und zum Thema machen, was man sich sonst kaum traut: die Macht.

Der «Tages-Anzeiger» setzte also an: zuerst ein Porträt über den abtretenden Landammann Carlo Schmid. Frage: humorvoller Standesvertreter in Bern, unanständiger Autokrat zu Hause? Nach der Landsgemeinde die Reportage. Beschreibung der Politik als Theater: «Dann ist die Rede fertig. Schmid verlässt die Bühne und taucht nicht wieder auf.» Die mahnende Kritik: «Und trotzdem, Schmids Erbe überlebt.» Dass bei der Ersatzwahl knapp der fortschrittlichere Kandidat, Roland Inauen, gewählt wurde, ging glatt vergessen.

Nicht, dass es erträglich ist, in Innerrhoden einen Abend in einer Beiz zu sitzen, die Blicke auf die Fremden im Nacken und schallendes Gelächter in den Ohren. Man kann sich denken, was es braucht, hier Opposition zu machen, wo jeder jede kennt. Nicht, dass es keine Recherchen braucht über die steuerdumpenden Halbkantone und die strukturelle Krise, in der sie stecken.

Statt journalistischer Alpenbastelei würde man sich trotzdem wünschen: dass die kritischen JournalistInnen nicht nur mutig über Innerrhoden schreiben. Sondern ebenso über Zürich, beispielsweise.