Kommentar : Zwischennutzungen statt Baulücken

Nr. 22 –

Wie fast alle grösseren Schweizer Städte ist auch Luzern in den letzten Jahren von derselben strukturellen Entwicklung erfasst worden: Der Raum wird knapper, die Mieten steigen. Die Folge ist ein Verdrängungsprozess in den Innenstädten, der besonders MieterInnen, Kulturbetriebe und das Gewerbe betrifft. In Luzern musste schon 2007 das alternative Kulturzentrum Boa schliessen, und wo einst das vielfältig zwischengenutzte Frigorex-Areal war, stehen bald Wohnbauten.

Diese Entwicklung kann in Luzern übernächstes Wochenende zumindest abgefedert werden, wenn über die von der Juso lancierte Zwischennutzungsinitiative abgestimmt wird. Sie sieht eine Meldepflicht für leer stehende Gebäude vor, um diese anschliessend für eine Zwischennutzung freizugeben. Die Stadtbehörde übernimmt dabei die Rolle der Vermittlerin. Zudem verlangt die Initiative, dass Abrisse nur genehmigt werden, wenn ein bewilligtes Neubauprojekt vorliegt.

Die Konstellation vor der Abstimmung ist bekannt: Rot-Grün (und der MieterInnenverband sowie unzählige Kulturschaffende und -betriebe) unterstützt die Initiative, das bürgerliche Lager stemmt sich dagegen. Auch Stadtrat und -parlament haben sich dagegen ausgesprochen: Zu teuer! Für den Verwaltungsaufwand sei mindestens eine Fünfzigprozentstelle nötig, erklärte Baudirektorin Manuela Jost von den Grünliberalen. Ausserdem sei es nicht Aufgabe des Staats, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Als ob der übersättigte Markt in den letzten Jahren dazu fähig gewesen wäre.

Yannick Gauch, Präsident der Juso Luzern, ist zuversichtlich: «Die Bevölkerung ist sensibilisiert, sie bekommt den Verdrängungsprozess vor ihrer Haustür ja mit. Die Reaktionen auf der Strasse sind überwiegend positiv.» Seine Zuversicht nährt sich nicht zuletzt aus einer im letzten Herbst gewonnenen Abstimmung: Mit über sechzig Prozent wurde damals die Initiative «Ja zu einer lebendigen Industriestrasse» angenommen. Dort befinden sich heute Wohnungen, Kulturräume und Gewerbebetriebe. Sie hätten der Filiale eines Baukonzerns weichen sollen.