Film: Die Grande Dame in Paris

Nr. 24 –

Eigentlich stimmt der Titel nicht: Im Spielfilm «Une Estonienne à Paris» von Ilmar Raag geht es nicht um eine Estländerin, sondern um zwei Estländerinnen, die in Paris aufeinandertreffen. Die eine ist Anne (Laine Mägi). Die bescheidene Fünfzigjährige lebt in ihrer Heimat und pflegt ihre demente Mutter. Als diese stirbt, bekommt sie ein Angebot für einen Job in Paris: Sie soll dort eine reiche, alte, estländische Dame pflegen. Anne freut sich auf Paris, ist eine Reise in die Stadt der Liebe doch ein lang gehegter Wunsch von ihr, der nie in Erfüllung ging.

In Paris trifft Anne auf Frida, die zweite Estländerin im Film und jene, die wohl im Titel gemeint ist. Denn Frida ist die eigentliche Hauptperson von «Une Estonienne à Paris». Oder besser gesagt: Jeanne Moreau. Die 85-jährige Diva des französischen Kinos ist auch im hohen Alter umwerfend und hat eine Präsenz, neben der kaum jemand bestehen kann. In eleganten Kleidern haust sie als Frida in ihrer Villa, stets perfekt geschminkt und frisiert und mit genauen Vorstellungen, was sie will und was nicht. Und was sie zuletzt will, ist eine Pflegehilfe. Diese hat ihr früherer Liebhaber Stéphane (Patrick Pineau) organisiert – sehr zum Ärger der launischen Madame.

Den Ärger bekommt vor allem Anne zu spüren – da fliegen auch mal Kaffeetassen durch die Stube. Doch langsam nähern sich die elegante Stadtdame und das hölzerne Landei einander an. Laine Mägi, in Estland ein Theaterstar, erinnert in ihrer Rolle und in ihrer Aufmachung stark an die Finnin Kati Outinen, bekannt aus den Kaurismäki-Filmen. Es ist ein Vergnügen, ihr und Moreau bei ihren Streitereien und ihren Annäherungen zuzuschauen. Leider ist die Geschichte des Films etwas flach, und es ist unklar, was uns der Regisseur erzählen will. Geht es ums Älterwerden? Geht es um Migration und Pflege? Oder um die Einsamkeit und die Sehnsucht nach der Liebe?

Vielleicht geht es ganz einfach nur um Jeanne Moreau. Und das ist schon sehr viel.

Une Estonienne à Paris. Regie: Ilmar Raag. Frankreich 2012