Kultour

Nr. 25 –

Performance

Belgien und die Schweiz

Belgische und Schweizer PerformerInnen stehen im Fokus an der Progr-Performance-Plattform PPP: Die Berner Biennale der Performancekunst gibt jungen KünstlerInnen die Möglichkeit, vor einem breitem Publikum aufzutreten und sich international zu vernetzen. An einem «langen Sonntag» treten die PerformancekünstlerInnen im Progr auf, während vier Tagen sind ihre weiteren künstlerischen Arbeiten in der Stadtgalerie ausgestellt.
Zu sehen sind Boris Dambly, Nick Defour und Alice De Visscher aus Belgien, aus der Schweiz treten Franziska Bieri, Brigitte Dätwyler, Simone Etter sowie Steven Schoch auf. Ausserdem ist auch die internationale Gruppe Worms aktiv, ein Zusammenschluss von Künstlerinnen, die die Unterscheidung von Geschlechtern und Geschlechterrollen hinterfragen.
Vor den Performances finden ein Brunch und ein Gespräch mit der Dramaturgin Maren Rieger und der Kunstwissenschaftlerin Katrin Grögel statt; Thema ist der im Dezember 2012 erschienene Berner Almanach Band 6 «Performance». Im Zentrum steht die Frage: Wie reflektieren wir künstlerische Praxis?

Silvia Süess

Progr Performance Plattform in: Bern Progr, 
So, 23. Juni 2013. Brunch ab 11 Uhr im «Lehrerzimmer», Performances ab 16 Uhr in der Aula.

Ausstellung der künstlerischen Arbeiten der PerformancekünstlerInnen in: Bern Stadtgalerie, Do, 20. Juni 2013, ab 18 Uhr, Vernissage. Fr, 21. Juni 2013, 14–18 Uhr; Sa, 22. Juni 2013, 12–16 Uhr, und So, 23. Juni 2013, 14–20 Uhr.

www.progrperformanceplattform.com

Konzert

Pere Ubu

David Thomas, legendärer und mythenumrankter Frontmann von Pere Ubu, kündet die neue Platte «Lady from Shanghai» als «an album of dance music» an. Schon in frühen Zeiten fiel der damals schwergewichtige Sänger mit der unverwechselbaren Stimme durch die federleicht wirkende Anmut seiner Bewegungen auf. «The Modern Dance», das Debüt der Band aus Cleveland (Ohio), erschien 1978. Die Musik war zwar im Geist des Punk gespielt, aber atmete auch schon etwas Pop. Über die Jahre haben Thomas und die verschiedenen MitstreiterInnen das Konzept verfeinert und sind immer für Überraschungen gut gewesen.
Während einiger Jahre tourte Mayo Thompson von The Red Krayola als Gitarrist mit Pere Ubu. Chris Cutler sass hinter dem Schlagzeug. Unvergesslich «The Art of Walking» von 1980. Dann folgte in den achtziger Jahren der Sololauf von Thomas, gegen Ende des Jahrzehnts fand er wieder zu Pere Ubu zurück. Um 2005 stiessen der Gitarrist Keith Moliné und Robert Wheeler an den Keyboards dazu. Sie blieben und verkündeten vier Jahre später «Long Live Père Ubu». Die inhaltlichen Brüche sind beachtlich. Jetzt sind sie mit «Lady from Shanghai» unterwegs und verkünden auf ihrer Website «Smash the hegemony of dance. Stand still» (Zerschlagt die Vorherrschaft des Tanzes. Steht still). Das kommt nach «Tanz dich frei» mindestens bei der Berner Regierung gut an. Alle anderen tanzen weiter.

Fredi Bosshard

Pere Ubu in: Bern Dampfzentrale, Fr, 21. Juni 2013, 
21 Uhr, Support Ancient Mith. Zürich El Lokal, 
Mo, 1. Juli 2013, 20.20 Uhr. www.ubuprojex.net

2 Tage Strom

Ohne Strom geht nichts, besonders nicht bei MusikerInnen, die sich mit elektronischer Musik auseinandersetzen. Für «2 Tage Strom» haben sich in Zürich drei Institutionen zusammengeschaltet, die in viele Richtungen unterwegs sind. Die Interessengemeinschaft Neue Musik (IGNM), das Musikpodium und das Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) präsentieren an zwei Tagen selten gehörte Musik in den Räumen der Kunsthalle und im Musikclub Exil.
Die Komponistinnen Annette Schmucki und Petra Ronner nutzen den alten Roland sp-404sx, um ihn mit Samples aus dem eigenen Klangreservoir zu füttern und diese in neue Zusammenhänge zu bringen. Strotter Inst. (Christoph Hess) baut klassische Lenco-Plattenspieler um. Er fixiert mit abenteuerlichen Konstruktionen und mithilfe von Gummibändern den Tonarm so, dass er problemlos Loops, Klang- und Rhythmusstrukturen spielen kann. Im Rahmen von «2 Tage Strom» trifft er sich erstmals mit Jorge Sánchez-Chiong aus Venezuela. Die Musikerin und Installationskünstlerin Miki Yui aus Tokio bewegt sich in minimalistischen Soundlandschaften an den Grenzen der Wahrnehmung, während sich die norwegische Vokalistin und Komponistin Maja Ratkje vorwiegend in heftigen Noisegefilden aufhält. Es ist mit Überraschungen zu rechnen – Entdeckungen sind garantiert.

Fredi Bosshard

2 Tage Strom in: Zürich Kunsthalle, Fr, 21. Juni 2013, 19.15 Uhr; Sa, 22. Juni 2013, 13.30 Uhr. Exil, Sa, 22. Juni 2013, 21.30 Uhr. www.kunsthallezurich.ch, www.exil.ch

Von Strahlen und Licht

«Es ist nicht nur eine politische Frage, ob wir aus der Atomproduktion aussteigen, sondern wir steigen eigentlich erst jetzt ins Atomzeitalter ein, und wir brauchen kulturelle Formen, die sich mit diesen Fragen von Zeit und Verantwortung auseinandersetzen, damit der Mensch das Bewusstsein entwickeln kann, wie er mit dieser Dimension, die ihn eigentlich restlos überfordert, umgehen kann.» Dies sagt der Contrapunkt-Chor-Sänger Georg Geiger.
An Ostern vor 38 Jahren demonstrierte er in Schnee und Regen auf dem Gelände in Kaiseraugst gegen den Bau des Atomkraftwerks. Vor drei Jahren schlug er der Chorgemeinschaft Contrapunkt vor, eine musikalische Komposition in Auftrag zu geben, bei der es um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Grundfragen von Zeit und Verantwortung im Atomzeitalter gehen soll. Noch während der Suche nach einem geeigneten Komponisten explodierte das AKW in Fukushima, und die allgemeine Haltung sowie die Politik gegenüber dem Atomstrom veränderten sich.
Der Auftrag ging schliesslich an den in Basel lebenden Komponisten Hans Martin Linde. Ein Gedicht von Ulf Stolterfoht, das den Titel «strahlung ist (leichter als licht)» trägt, hat den Komponisten zu seiner Musik inspiriert. Der Contrapunkt-Chor singt das Stück als Uraufführung unter der Leitung der Dirigentin Abélia Nordmann. Ergänzt wird das Programm mit der Komposition «Now» von Christophe Schiess, die sich mit dem Menschen im technischen Zeitalter auseinandersetzt, sowie von «Funeral Sentences» von Henry Purcell (1659–1695). Am Samstag findet anschliessend an das Konzert ein Publikumsgespräch mit Linde und Schiess statt.

Silvia Süess

«strahlung ist leichter als licht» in: Muttenz Katholische Kirche, Fr/Sa, 21./22. Juni 2013, 20 Uhr, 
So, 23. Juni 2013, 19 Uhr. www.contrapunkt.ch

Buchvernissage

Fantifa

Die herrschenden Geschlechterverhältnisse durchdringen auch die radikale Linke: Die Szene der Antifa ist in der Regel männlich, weiss, heterosexuell und akademisch zusammengesetzt. Welche Antworten haben Feministinnen gegen Sexismus in diesen Strukturen?
Dieser Frage geht ein vor kurzem erschienenes Buch mit dem Titel «Fantifa – Feministische Perspektive antifaschistischer Politik» nach. Fantifa-Gruppen entstanden in Deutschland und der Schweiz Ende der neunziger und zu Beginn der achtziger Jahre. Im Buch kommen unterschiedliche Aktivistinnen von inzwischen aufgelösten Fantifa-Gruppen zu Wort: aus Bonn, Frankfurt am Main, Wuppertal sowie aus Bern. Ergänzt wird das Buch mit Berichten von Vertreterinnen heutiger feministischer Gruppen, die von den gegenwärtigen Rahmenbedingungen erzählen, sowie von einer theoretischen Einführung in hegemoniale Männlichkeit und einem Anhang mit Originaldokumenten wie Flyern und Diskussionspapieren.
An einer Lesung in Bern geben Mitglieder des HerausgeberInnenkollektivs einen Einblick in das soeben erschienene Buch.

Silvia Süess

Lesung von «Fantifa – Feministische Perspektive antifaschistischer Politik» in: Bern Frauenraum 
der Reitschule, Di, 25. Juni 2013, 19.30 Uhr. 
www.frauenraum.ch