Leanne Shapton: Schwimmen, zeichnen, baden

Nr. 26 –

«Vom Schwimmen weiss ich, wann ich die Zähne zusammenbeissen und wann ich mich ausruhen muss, wenn ich kurz vor der Abgabe stehe oder ein Projekt auf die Beine zu stellen versuche, finde ich Entsprechungen zu Technikübungen, Intervalltraining und Wettkampf.» Leanne Shapton, Künstlerin und Autorin des Buchs «Bahnen ziehen», fing mit zwölf Jahren an, aktiv zu schwimmen, und verpasste zweimal knapp die Olympiaqualifikation. Sie weiss auch, was es heisst, sehr gut, aber nicht überragend zu sein.

Mit dem Schwimmen verbindet die jugendliche Shapton eine Art Hassliebe, was gut ist: Der autobiografische Blick ist nicht masslos überzuckert vom eigenen Erfolg. Er hat Tiefgang, kennt Erfahrungen des Scheiterns, sucht die Härten des Trainings, porträtiert Konkurrentinnen nicht nur in netten Worten. Manchmal sehnt Shapton sich nach einem ganz normalen Teenagerdasein – richtig Spass macht ihr das Schwimmen erst, nachdem der Olympiatraum sich 1992 erledigt hat. Der Druck ist fort.

Und die Liebe zum Schwimmen? Diese Liebe sucht sich ihre eigene Bahn zwischen den endlosen Trainingsbahnen. Im Buch der Kanadierin sind das etwa abstrakt illustrierte Schwimmstudien, akribisch gesammelte Fotos getragener Bikinis und Badeanzüge, schillernde Gedanken über das Aphrodisiakum Wasser oder das sinnliche «Konzept des Badens».

Gerade weil «Bahnen ziehen» nicht chronologisch aufgebaut ist, weil es behände seine Themen, Perspektiven und Handlungsorte wechselt, weil es von bedrückenden Erinnerungen, aber auch solchen augenblickhaften Glücks erzählt, ist es ein tolles Buch. Geschrieben in einem Stil, der knapp ist, lakonisch, tastend und von grosser Genauigkeit.

Leanne Shapton: Bahnen ziehen. Suhrkamp. Berlin 2012. Berlin 2012. 325 Seiten