Was weiter geschah: Rusbridgers Straftat

Nr. 50 –

Die Enthüllungen über die Spionagetätigkeiten der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) haben die Öffentlichkeit weltweit aufgerüttelt. In Britannien hingegen, dessen Geheimdienst eng mit der NSA zusammenarbeitet, bezichtigt die Regierung den «Guardian», der das meiste Material publiziert hat, des Geheimnisverrats. Chefredaktor Alan Rusbridger wurde letzte Woche vor einen Sonderausschuss des britischen Parlaments zitiert.

Er verteidigte die Haltung seiner Zeitung, die aus 58 000 geleakten Dokumenten verantwortungsvoll ausgewählt und keine Namen veröffentlicht habe. Es habe mehr als hundert Kontakte mit offiziellen Stellen gegeben, um die sicherheitspolitische Brisanz abzuklären.

Konservative Abgeordnete wollten Rusbridger dennoch in die Nähe des Landesverrats rücken. Weil der «Guardian» Material mit der «New York Times» ausgetauscht habe, so erklärte Parlamentarier Mark Reckless, habe Rusbridger eine Straftat begangen: «Sollte also im öffentlichen Interesse gegen Sie ermittelt werden?» – «Das», so Rusbridger, «hängt von Ihrem Verständnis einer freien Presse ab. US-Justizminister Eric Holder hat gesagt, er werde keinen Journalisten verfolgen, der seine Pflicht tue.»

Rusbridger plädierte für eine Aufsichtsbehörde, die personell genügend ausgestattet und mit den aktuellen technischen Möglichkeiten vertraut sei sowie die Bedürfnisse der Zivilgesellschaft nach Transparenz respektiere. Zur weiteren Politik des «Guardian» sagte er: «Wir lassen uns nicht einschüchtern, aber wir werden auch nicht verantwortungslos handeln.»

Nachtrag zum Artikel «Überwachung und Journalismus» in WOZ Nr. 47/13.