Wichtig zu wissen: Dichtestress

Nr. 7 –

Über die Wirrnisse des Abstimmungssonntags.

Solothurn: Der drohende Dichtestress hatte abgewendet werden können. Kurt Fluri, FDP-Nationalrat und Stadtpräsident, war erleichtert. Mit 6,4 Milliarden Franken neuem Schienen- und Rollmaterial konnten die immensen Pendlerströme der Zukunft spielend in die städtische Agglomeration spediert werden. Dem Solothurner Nationalratskollegen von der SVP, Walter Wobmann, war ein gewaltiger Strich durch die Rechnung gemacht worden: Aus gut unterrichteten Kreisen war Fluri nämlich zu Ohren gekommen, dass die SVP mit dem Nein zu Fabi im Geheimen einzig den Plan verfolgte, die Zuwanderung von Fachkräften aus dem mitteleuropäischen Raum einzudämmen. Dieser Angriff auf das Erfolgsmodell Schweiz war zünftig gescheitert, und das war, in seiner Eigenschaft als medial präsentester Komiteekopräsident, vor allem Kurt Fluris Verdienst. Ein etwas unschöner Nebeneffekt war lediglich die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative – denn wer sollte all die neuen Züge füllen, wenn er und alle anderen, die Fabi aus taktischen Gründen für den künftigen Strassenausbau befürwortet hatten, weiterhin das Auto bevorzugten, was schliesslich ausser Frage stand.

Kriens: Der drohende Dichtestress war noch lange nicht gebannt. Yvette Estermann, Medicinae Universae Doctor der Comenius-Universität Bratislava, SVP-Nationalrätin und Mutter, erwog, nach Appenzell-Innerrhoden oder nach Dinhard im Bezirk Winterthur umzusiedeln, wo christliche Werte noch etwas bedeuteten. Als Befürworterin der privaten Abtreibungsfinanzierung fühlte sie sich unwohl in ihrer Luzerner Heimatgemeinde, die die entsprechende Initiative doch eher deutlich abgelehnt hatte. Statt dass für Schweizerinnen ein Anreiz geschaffen worden war, sich die Sache mit der Abtreibung noch mal zu überlegen und sich dann für die Reproduktion zu entscheiden, würden es weiterhin ihre ehemaligen Landsleute aus Osteuropa sein, die sich hier zum Ungemach des Landes weiter vermehrten, die Infrastruktur belegten und an den Unis reguläre Doktorentitel erlangten, die ihr selbst nie zugestanden worden waren. Doch das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative nährte zumindest die vage Hoffnung, dass das Schweizervolk einem Kinderverbot für bereits zugezogene Migranten zustimmen würde.

Aarberg: Der Dichtestress war in vollem Gange. Das eigens einbestellte Kellnerinnenkontingent konnte sich keine Verschnaufpause gönnen: Die Seelandspatzen sangen «Die Rote Sonne von Barbados», und die bereits hageldichten Teilnehmer der Masseneinwanderungs-Abstimmungsfeier im Hotel Restaurant Krone in Aarberg verlangten beständig nach immer noch mehr Seeländer Chasselas. Zum Glück fuhr noch ein Zug nach Hause.

Zürich: Diese Dichte! Zum Glück hatte Filippo Leutenegger bereits im Vorfeld angekündigt, keine Wahlfeier ausrichten zu wollen. Es wäre ein trauriger Anlass gewesen, er und die restlichen Top Five beim Cüpli, während sein Konkurrent Richard Wolff zusammen mit nahezu tausend Wählerinnen, seinem Polizeikorps und einem Wasserwerfer auf dem Helvetiaplatz feierte.

Diese Kolumne ist etwas absurd, 
die Schweiz auch, 
findet Susi Stühlinger.