Kommentar: Im Zug dürfen alle mitfahren

Nr. 12 –

Für Sportfans gab es bisher keine Gnade. Referenden gegen das «Hooligangesetz» von 2007 und das neue «Hooligankonkordat» waren zwecklos gegen die Front der Sheriffs und der politischen und medialen Hilfssheriffs.

Umso erstaunlicher ist das, was sich am vergangenen Mittwoch im Nationalrat abspielte. Die Grosse Kammer des Parlaments wies eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zurück, die die Transportpflicht öffentlicher Verkehrsunternehmen eingeschränkt hätte: Der Bundesrat hätte danach erstens künftig festlegen dürfen, welchen Personengruppen «aus Gründen der Hygiene, der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung» die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verboten sein sollte. Zweitens hätten Fans nur noch Sonderzüge benutzen dürfen und wären von normalen fahrplanmässigen Zügen ausgeschlossen worden. Für Sachbeschädigungen hätten drittens die Sportklubs haften sollen.

Dass dieser Unsinn nicht durchkam, ist das Verdienst wacher ParlamentarierInnen, allen voran Aline Trede (Grüne, Bern), und einer Koalition von Fangruppen, der Fussballliga, der Demokratischen JuristInnen und dem Verein Grundrechte.ch, die bereits im November letzten Jahres die Mehrheit der zuständigen Kommission und nun auch das Plenum des Nationalrats überzeugten. Für einmal scheint das Parlament auch begriffen zu haben, dass Grundrechtseinschränkungen, die zunächst gegen Sportfans eingeführt werden, künftig auch anderen gesellschaftlichen Gruppen blühen können.

Matthias Aebischer (SP, Bern) brachte es im Nationalrat auf den Punkt: Heutzutage könnten alle Personen in öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren. «Machen wir nun eine Ausnahme für Sportfans, dann dürfen morgen auch Konzertbesucher nur noch einen ganz bestimmten Zug nehmen, übermorgen werden dann friedliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 1.-Mai-Feier von der Fahrt im Zug ausgeschlossen, überübermorgen sind es dann ethnische Gruppierungen. Und das wollen wir nicht.»