Medientagebuch: Chlapf a Grend

Nr. 14 –

Hans Stutz über einen gelungenen Aprilscherz

Der 1. April war noch fünfzehn Stunden lang Zukunft, als sich in der Stadt Luzern ein Gerücht verbreitete, auch unter Leuten, die dem Jugendradio 3fach noch nie zugehört hatten: Dieser werbefreie Sender sei Konkurs gegangen, wie aus heiterem Himmel! Bereits am kommenden Tag werde ein Zürcher Privatradio Frequenzen und Konzession übernehmen und wieder auf Sendung gehen.

Aber erstens: Ohne vorheriges Überlebensbetteln ist bisher doch noch kein linkes oder alternatives Projekt untergegangen. Er habe keine Bettelbriefe erhalten, erklärte auf Anfrage David Roth, Altpräsident Juso Schweiz, vorher mehrere Jahre Moderator bei 3fach. Und zweitens: In den letzten Wochen haben die RadiomacherInnen einen Umbau hingelegt und dabei die Studios von fünfzehn Jahren Staub und früheren Leichtsinnsmalereien befreit. Haben sie sich mit der Bauerei vielleicht finanziell übernommen?

Der Sender verbreitet vorerst kein Tönlein. Doch tatsächlich: Auf der Website haben die 3fach-MacherInnen eine Medienmitteilung aufgeschaltet, die das Gerücht bestätigt – und sie erhalten bald HörerInnenbescheid: «Wenn das ein Scherz sein sollte, komme ich euch allen persönlich eine Ohrfeige verpassen …» Von einer Hörerin wird Unterstützung zugesichert: «Chumm der cho hälfe met eme Chlapf a Grend.»

Bei der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) erledigt man unterdessen die tägliche Büez. Eine Journalistin fragt bei Radio 3fach nach, ob das denn stimme mit der Medienmitteilung. Der Programmleiter bestätigt, was die Marketingleiterin vorher verschickt hat. Und schon schreibt die Agentur die Konkursmeldung. Und wie üblich: Medienschaffende räumen Meldungen über Medien viel Platz ein, die SDA-News erhalten weite Verbreitung, selbst in der NZZ. (Aber auch die WOZ bestellt beim Schreiber hurtig ein Medientagebuch.)

Irgendein Journalist fragt schliesslich bei der Aufsichtsstelle Bakom nach, dort weiss man von nichts. Die SDA-Meldung erlebt ihren schnellen Tod. Rainer Stadler, Mister Media der NZZ, ist not amused: «Mit Lügen gewinnt man kein Wohlwollen.»

Aber einer schäumt noch mehr, direkt in den 3fach-Blog hinein: Bernard Maissen, SDA-Direktor. «Unnötige Arbeit und Ärger», verursacht durch «einen Anflug von Infantilität», ortet er. Ein «Bärendienst» für die Branche sei das, und zwar «in einer Zeit, in welcher der Journalismus ein grosses Glaubwürdigkeitsproblem» habe. Maissen besteht darauf, Medienschaffende dürfen nur am 1. April Scherze machen, nicht schon am 31. März. «Wir könnten jetzt also an die Ombudsstelle gelangen, euch Verletzung der Konzession und des RTVG vorwerfen, und wir würden sicher überall Recht bekommen.» Doch diese Klage würde nur Kräfte binden, die «meiner Ansicht nach besser in Ihre eigene journalistische Aus- und Weiterbildung investiert» werden sollte. Ein Blogleser widerspricht noch: Die SDA habe es doch unterlassen, sich die 3fach-Meldung durch eine zweite Quelle bestätigen zu lassen. Oder war vielleicht auch dieses Geplänkel nur ein Fake?

PS: Es sei nach dem vorgezogenen Scherz dann doch noch 1. April geworden, melden die RadiomacherInnen am Dienstag: «Radio 3fach verwandelt sich für einen Tag in das Kommerzradio ‹041›.» Man wollte darauf aufmerksam machen, sagt die 3fach-Marketingleiterin, «dass die Schweizer Radiolandschaft ohne die nicht kommerziellen Stationen eine Wüste wäre». Aber das ist nun wirklich nicht lustig!

Hans Stutz ist regelmässiger Mitarbeiter 
der WOZ.