Gripen: Maurer, Putin und der Kampfjet

Nr. 17 –

Es war ein denkwürdiger Auftritt von Ueli Maurer im Schweizer Fernsehen: nicht in der «Rundschau» von letzter Woche, sondern damals in der «Tagesschau» vom 15. Februar, an den Olympischen Winterspielen in Sotschi. Wladimir Putin schaute für einen Blitzbesuch im Schweizer Pavillon vorbei. Die Delegation sprach über die Holzarchitektur, multifunktional, wiederverwertbar, tipptopp. Dann gelang es Ueli Maurer, bis anhin von Putin kaum beachtet, doch noch ein Statement zu platzieren: «Wir sind», sagte der Verteidigungsminister, «wirklich tief beeindruckt von den Spielen.»

Was die SVP in den letzten Jahren nicht alles behauptet hat zu ihrem Einsatz für die nationale Souveränität und gegen das Diktat fremder Mächte. Und dann, mitten während Putins Propagandaspielen: Maurers Bückling. An der Heimatfront plakatiert die SVP mittlerweile wieder Stärke. Gemäss dem von der Partei angeführten Komitee für den Gripen braucht die Schweiz den Kampfjet dringend – und zwar gegen den russischen Präsidenten: «Gestern Krim, heute Ostukraine, morgen … Sicherheit zuerst!»

Putin gut, Putin bös: Opportunismus zuerst.

Jetzt also der von Maurer provozierte Eklat in der «Rundschau». Im Ton eines Feldweibels meinte er auf die kritischen Fragen des Journalisten, warum der Gripen für den Bodenkrieg eingesetzt werden soll und die Schweiz mehr Kampfjets als Österreich besitze: «Das ist eine journalistisch schwache Leistung. Machen Sie es das nächste Mal besser. Punkt.»

Damit war nicht nur der Kampfflieger aus der Kritik, sondern das Schweizer Fernsehen SRF auch noch als tendenziös und links hingestellt. Natürlich will es Maurer nicht so gemeint haben. Wie er es kürzlich schon in einem «Weltwoche»-Interview gar nicht so gemeint haben wollte, als er seinen Kollegen Didier Burkhalter des Neutralitätsbruchs bezichtigte.

Der mediale Effekt ist trotzdem erzielt: Ausgerechnet die Heimatfabrik SRF muss sich nun verteidigen, dass sie doch gar nicht links sei, und die «Weltwoche» kann sich in ihren bewaffneten Neutralitätsfantasien ergehen. Maurer, der den Aufstieg der SVP als fremdenfeindliche Kraft mitprägte, schwingt sich gerade wieder zum Parteipräsidenten auf – wo steckt eigentlich Toni Brunner? – und erklärt den Gripen zur Prestigeabstimmung.

Warum auch nicht: Es könnte auch eine Niederlage werden, schliesslich gibt es viele Gründe gegen den Kauf von 22 Gripen JAS-39 E.

Erstens: zu teuer. Wie Recherchen der WOZ belegten, kommen zum Kaufpreis von 3,1 Milliarden Franken die Aufwendungen für Betrieb, Unterhalt und Nachrüstungen hinzu – die Flieger kosten deshalb insgesamt 10 Milliarden. Das Geld wird anderswo fehlen, bei der Bildung oder der AHV (siehe WOZ Nr. 13/2014 ). Zweitens: unnütz. Die Luftwaffe gewährleistet in erster Linie den Luftpolizeidienst. Dafür genügen im internationalen Vergleich zwölf Kampfjets. Auch nach der Ausmusterung der Tiger-Flotte verfügt die Luftwaffe bis mindestens 2035 über 32 F/A-18.

Drittens und am wichtigsten: die Friedenspolitik. Wie der soeben veröffentlichte jährliche Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri zeigt, sinken europaweit die Rüstungsausgaben. Nur in der Schweiz steigt das Budget um mehr als zehn Prozent, von bisher 4,4 Milliarden Franken bis 2016 auf 5 Milliarden, für den Gripen und weitere Aufrüstungen. Die Schweiz beteiligt sich damit als einziger europäischer Staat an der globalen Aufrüstung, wie sie auch in Asien, im Nahen Osten und in Afrika passiert.

Als ehemaliger Telefonist bei den Fliegertruppen habe ich auch noch ein persönliches Argument: Die Fliegertruppen hielten sich schon immer für eine besondere Truppengattung, nur das Beste ist für sie gut genug. Beim Wunsch nach neuen Jets geht es vor allem um ein Statussymbol.

Wer meint, der Gripen werde sicher abgelehnt, könnte sich täuschen. Die Milizionäre, die sich bei den letzten Armeeabstimmungen formiert haben, auf der Gripen-Website als «Verbündete» vermerkt, sind wieder im Einsatz: von der Offiziersgesellschaft über die Aktion Aktivdienst bis zu den Schweizer Vorderladerschützen.