Moçambique: Wirtschaftlicher Aufschwung, politische Stagnation

Nr. 41 –

Grössere gewalttätige Auseinandersetzungen konnten gerade noch abgewendet werden. Nun wählt Moçambique am 15. Oktober – zwanzig Jahre nach der ersten freien Wahl – einen neuen Präsidenten.

Wenige Tage vor dem Auftakt des Wahlkampfs am 25. August brachten die Parteien dann doch noch eine Friedensvereinbarung zustande. Sie beendete den wieder aufgeflammten Konflikt zwischen der regierenden Frelimo und der oppositionellen Renamo. Von 1975 bis 1992 hatten sich die beiden Parteien in einem Bürgerkrieg bekämpft, in dem beinahe eine Million Menschen getötet wurde. 1992 schlossen sie in Rom ein Friedensabkommen, das zwanzig Jahre lang mehr oder weniger eingehalten wurde, während die Parteien an der Errichtung eines funktionierenden demokratischen Systems arbeiteten. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistete allerdings ihr stillschweigendes Einvernehmen, Menschenrechtsverletzungen, die während des Kriegs begangen wurden, nicht weiterzuverfolgen.

Die jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen gehen auf die Verletzung dieses Abkommens zurück. So wurden Stellen im öffentlichen Dienst nicht parteineutral besetzt und die ehemaligen KämpferInnen der Renamo nicht wie vereinbart in die Armee integriert. Die Oppositionspartei kritisiert die Dominanz der regierenden Frelimo im Staatsapparat und verlangt mehr Teilhabe an politischen Entscheiden. Renamo-Anführer Afonso Dhlakama seinerseits hat allerdings – entgegen dem Abkommen von Rom – mehrere Hundert Kämpfer nicht entwaffnet und mit erneutem Krieg gedroht. Mit seiner autoritären, keinen Widerspruch duldenden Art hat er seine Partei zusehends isoliert. Viele kritische und fähige Köpfe sind ausgetreten, einige DissidentInnen haben sich in der 2009 gegründeten Bewegung für Demokratischen Wandel (Movement for Democratic Change, MDM) gesammelt und sind für die Renamo eine ernsthafte Konkurrenz geworden.

Starrsinn zweier Machtmenschen

Doch nicht nur Dhlakamas Starrsinn war schuld an der Zuspitzung des jüngsten Konflikts. Auch Staatspräsident Armando Guebuza nahm vor den Kommunalwahlen im November 2013 eine Konfrontation in Kauf, indem er jegliche Aufteilung der politischen Macht verhinderte. Die Renamo hatte verlangt, die Wahlkommission paritätisch mit VertreterInnen der beiden grössten Parteien zu besetzen. Die Frelimo wie auch die MDM hatten sich dem widersetzt, und schliesslich liess der Präsident das Hauptquartier der Renamo stürmen.

Schon in der Vergangenheit war die Renamo bei Wahlen benachteiligt worden. So waren bei der Präsidentschaftswahl 1999 «Hunderttausende Stimmen in Renamo-Hochburgen für ungültig erklärt worden», wie der deutsche Wahlbeobachter Rainer Trump gegenüber der Deutschen Welle kürzlich sagte. Damals lernte die Frelimo, dass sie sich ein solches Verhalten erlauben kann. Andere Staaten und ausländische Unternehmen, die im Land investieren, störten sich wenig daran. Sie wollen vor allem, dass im aufstrebenden Staat Stabilität herrscht.

Moçambiques Volkswirtschaft gehört mit etwa sieben Prozent jährlichem Wachstum zu den am schnellsten expandierenden der Welt. Das Land besitzt viele wertvolle Bodenschätze und glänzende Perspektiven als Rohstoff-, Energie- und Agrarlieferant. Sein Pro-Kopf-Einkommen hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren verfünffacht.

Von diesem Aufschwung profitieren nicht nur der seit 2005 regierende Präsident und seine Familie mit ihren Beteiligungen im Kommunikations-, Bau-, Transport- und Energiesektor. Auch internationale Rohstoffkonzerne erhoffen sich davon Profite. Allein in der Provinz Tete haben das brasilianische Unternehmen Vale und die britischen Firmen Rio Tinto und Beacon Hill mehrere Milliarden in die Kohlenförderung investiert. Der Transport der Kohle führt durch Gebiete, die früher umkämpft waren.

Dass die beiden grossen Parteien kurz vor den Präsidentschaftswahlen ein neues Friedensabkommen unterzeichnet haben, zeugt von einer gewissen Stabilität der moçambiquanischen Demokratie: Die Renamo konnte nun ihren Vorsitzenden Dhlakama als Kandidaten registrieren lassen. Dagegen wird der Frelimo-Kandidat als «Putin-Lösung» kritisiert. Denn auf Vorschlag des abtretenden Präsidenten steht der aktuelle Verteidigungsminister Filipe Nyusi zur Wahl. Dieser wird als Guebuzas politischer Ziehsohn wahrgenommen. Wird Nyusi gewählt, kann Guebuza weiterhin die politischen Geschicke des Landes aus dem Hintergrund steuern und seine Geschäfte absichern.

Ein populärer Bürgermeister

Die Frelimo regiert Moçambique ununterbrochen, seit das Land 1975 von Portugal unabhängig wurde. «Ihre Dominanz wird der Frelimo langsam zum Verhängnis», schreibt Elísio Macamo, Professor am Zentrum für Afrikastudien in Basel, in einem Bericht der deutschen Bundesakademie für politische Bildung im Juni. «Sie wird für alle Probleme verantwortlich gemacht, die weiterhin bestehen.» Aber die Unbeliebtheit der Regierung täusche darüber hinweg, dass die politische Opposition noch immer zu schwach sei, um sie zu übertrumpfen: Bei den Kommunalwahlen vom 20. November 2013 gewann die Frelimo vielerorts nur knapp und mit etlichen Verstössen gegen das Wahlgesetz, aber doch in 48 von 53 Gemeinden.

Als wichtigste Herausforderin der Frelimo gilt inzwischen die von unzufriedenen Renamo-Anhängern geschaffene MDM. Ihr Vorsitzender ist Daviz Simango, der populäre Bürgermeister von Beira, der zweitgrössten Stadt des Landes. Bei den Kommunalwahlen 2003 war Simango noch erfolgreicher Kandidat der Renamo. Offensichtlich aus Furcht vor der Konkurrenz verbot ihm der autokratische Dhlakama jedoch die Kandidatur für die Renamo bei den Wahlen 2008. Simango nahm daraufhin als Unabhängiger teil und wurde mit 62 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister Beiras gewählt. Als Präsidentschaftskandidat der von ihm neu gegründeten MDM erzielte er 2009 einen Achtungserfolg, und bei den (von der Renamo boykottierten) Kommunalwahlen 2013 wurde er mit überwältigender Mehrheit als Bürgermeister von Beira bestätigt, und seine Partei triumphierte in fünf Gemeinden. Jetzt tritt Simango als Präsidentschaftskandidat an.

Der Konflikt zwischen der Frelimo und der Renamo, die zu Zeiten der Apartheid von Südafrika und Rhodesien als antikommunistische Widerstandsbewegung gegen die damals sozialistische, von der Sowjetunion unterstützte Frelimo aufgebaut wurde, wurde mit der Friedensvereinbarung vom 25. August zwar abgewendet. Die weitere Befriedung des Landes dürfte aber eine zentrale Aufgabe der künftigen Regierung werden. Sie muss vor allem dafür sorgen, dass die ganze Bevölkerung am ökonomischen Aufschwung teilhaben kann.

Reiche Gasvorkommen

Neben vielen anderen Rohstoffen verfügt Moçambique auch über grosse Gasvorkommen. Jüngste Funde vor der Küste – es wird von der weltweit grössten Gasentdeckung der letzten zehn Jahre gesprochen – könnten das Land in naher Zukunft gar zu einem der führenden Exportstaaten werden lassen.

Der US-Energiekonzern Anadarko Petroleum und der italienische Konzern Eni planen, das von ihnen geförderte Gas im Land selbst zu verflüssigen und danach zu exportieren. Moçambique könnte so hinter Australien und Katar zum weltweit drittgrössten Anbieter von Flüssiggas werden.