Was weiter geschah: Minimalzentrum Landquart: Unterlassene Hilfe?

Nr. 50 –

Im März 2013 wurde ein 31-jähriger irakischer Flüchtling im Minimalzentrum in Landquart getötet (siehe WOZ Nr. 13/2013 ). Letzte Woche fand der Prozess um das Tötungsdelikt statt. Das Bezirksgericht verurteilte einen 35-jährigen Palästinenser, der ebenfalls im Minimalzentrum untergebracht gewesen war, wegen vorsätzlicher Tötung zu neun Jahren Haft. Er habe unter Alkoholeinfluss nach einem Streit mit einem Ast auf den Iraker eingeschlagen und diesem tödliche Verletzungen zugefügt.

Das Tötungsdelikt und der Strafprozess offenbaren zwei brisante Punkte. Erstens haben die Bündner Behörden in Kauf genommen, dass es im Minimalzentrum zu Todesfällen kommen kann. «Dort waren sogenannt renitente Flüchtlinge ohne jede Betreuung untergebracht, Menschen mit grossen psychischen und existenziellen Problemen», sagt Gustav Ott, Präsident des Vereins Hilfe für Asyl Suchende. Es habe bereits zuvor Probleme wie Messerstechereien und Brände gegeben. «Wir haben immer ein Nottelefon im Minimalzentrum gefordert. Das haben die Behörden stets abgelehnt», so Ott.

Zweitens hat sich die Bündner Polizei in der Tatnacht fragwürdig verhalten. Der verurteilte Täter versuchte nach seiner Attacke, die Polizei zu informieren und Hilfe zu organisieren. Nachdem der Palästinenser nachts zum unbesetzten Polizeiposten lief, rief ein Anwohner die Polizei, worauf eine Streife den Mann abholte, zurück ins Minimalzentrum brachte und wieder umkehrte, ohne die Lage im Zentrum zu prüfen. Gemäss Polizeiangaben sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um einen Notfall handelte. «Wir haben den Einsatz intern ausgewertet. Es gab keinen Grund für eine Untersuchung», sagt der Bündner Polizeisprecher Thomas Hobi, als ihn die WOZ auf die mögliche unterlassene Hilfeleistung anspricht.

Nachtrag zum Artikel «Asylabschreckung» in WOZ Nr. 13/2013 .