Was weiter geschah: Schlepper ins Netz gegangen

Nr. 50 –

Und plötzlich ging alles ganz schnell: Am Morgen des 2. Dezember wurde im brandenburgischen Müncheberg ein 29-jähriger Eritreer durch die deutsche Bundespolizei verhaftet. Laut diversen Medien handelt es sich dabei um Measho Tesfamariam. Er wird verdächtigt, die Überfahrt jenes Boots organisiert zu haben, das am 28. Juni 2014 in der Nähe von Tripolis, Libyen, mit 243 Flüchtlingen aus Eritrea und dem Sudan in See stach und seither verschollen ist. Nur einen Tag vor seiner Verhaftung hatte die italienische Justiz über das Schengener Informationssystem (SIS) ein Fahndungsersuchen wegen Verdacht der Beihilfe zur illegalen Einreise nach Italien erlassen. «Wir hatten ihn schon länger auf dem Radar», erklärt der Sprecher der Bundespolizei, Ivo Priebe, den raschen Fahndungserfolg auf Anfrage der WOZ. Der italienische Journalist Fabrizio Gatti und Katharina Windmaisser von «Bild am Sonntag» hatten die deutsche Polizei schon vor Wochen auf Tesfamariam aufmerksam gemacht.

In Deutschland wartet man nun auf einen europäischen Haftbefehl vonseiten der italienischen Behörden. Nach dessen Prüfung entscheidet das Oberlandesgericht über die Auslieferung.

Ebenfalls am 2. Dezember verhaftete die italienische Staatspolizei zehn weitere Eritreer, einige knapp volljährig, im Rahmen der Operation «Tokhla» (Schakal). Sie sollen zusammen mit Tesfamariam zwischen Mai und September dieses Jahrs insgesamt 23 Überfahrten von Libyen nach Italien organisiert und dafür im Schnitt 2500 US-Dollar pro Kopf verlangt haben. Sie werden verdächtigt, Teil eines Schleppernetzes zu sein, das von Eritrea bis nach Europa tätig ist. Während «Tokhla» wurden auch neun minderjährige Flüchtlinge aus Somalia und Eritrea befreit, die von einem der Verhafteten in Catania in einem Estrich festgehalten wurden. Das Schicksal der 243 Vermissten ist nach wie vor ungewiss.

Nachtrag zum Artikel «Wir müssen die Schlepper finden!» in WOZ Nr. 48/2014 .