Lobbying: Getarnte SöldnerInnen potenter Konzerne

Nr. 20 –

Der Skandal ist exquisit: FDP-Nationalrätin Christa Markwalder lässt sich von der PR-Agentur Burson-Marsteller einen Vorstoss unterjubeln, den die kasachische Regierung geschrieben hatte. Der Vorstoss ist unbedeutend, im letzten Punkt geht es allerdings um einen ehemaligen kasachischen Minister, der sich nach Genf abgesetzt hat. Der Bundesrat äussert sich in seiner Antwort nur unverbindlich.

Kasachstan ist eine Diktatur, Markwalders Vorstoss hat dennoch niemandem konkret geschadet. Aber ihr Ruf ist lädiert. Selten wurde eine Politikerin so vorgeführt, für etwas, was im Bundeshaus alltäglich ist: LobbyistInnen schreiben ParlamentarierInnen Vorstösse. Das tun nicht nur PR-Firmen wie Burson-Marsteller, das tun auch Kantone, Umweltverbände oder Gewerkschaften.

Exquisit ist der Skandal, weil für einen Moment das Spiel der Lobbys offengelegt wurde. Im Bundeshaus sind 246 ParlamentarierInnen und mindestens viermal so viele LobbyvertreterInnen unterwegs. Ihr Spiel ist auf Mimikry angelegt: Alle tun so, als wären sie harmlose, uneigennützige Menschen. Doch die meisten sind SöldnerInnen potenter Konzerne und derer Verbündeten.

Markwalder ist auf Marie-Louise Baumann hereingefallen, die den kasachischen Vorstoss vermittelt hat. Sie glaubte, sie und Baumann seien befreundet. Ein naiver Fehler. Baumann trat im Bundeshaus unter dem Namen ihrer Einzelfirma MLB Communications auf – derweil sie für Burson-Marsteller arbeitet.

Burson-Marsteller (BM) ist berühmt für skrupelloses Politikmarketing und hat schon das Image diverser Diktatoren poliert. Die Agentur gehört zum PR- und Werbegiganten WPP, der über 160 000 Menschen beschäftigt. Dieses Unternehmen ist besser vernetzt als jede Regierung.

BM arbeitet in der Schweiz nicht nur für den kasachischen Diktator, sondern auch für Nestlé oder das Nuklearforum, die Lobbyorganisation der AKW-Industrie. Das Forum tarnt sich als Verein, dessen Geschäftsstelle wird jedoch von BM geführt. Regelmässig lädt BM im Namen des Forums JournalistInnen auf AKW-Reisen ein. Alle grossen Zeitungen waren schon dabei und fanden es in Ordnung, dass man ihnen die Reise bezahlte.

Da tarnt sich Propaganda als Journalismus. Das ist mindestens so skandalös wie ein untergejubelter Vorstoss.