Was weiter geschah: Der rote Filz, der keiner ist

Nr. 22 –

Eigentlich hätte das mehrfach straffällige Secondopaar aus St. Gallen die Schweiz längst Richtung Italien verlassen müssen. Alle Instanzen bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatten die Rekurse der seit Geburt in der Schweiz lebenden Heroinsüchtigen abgewiesen. Für sie gab es bloss noch eine Hoffnung: ein Wiedererwägungsgesuch an die St. Galler Regierung. Ende 2014 hiess die SP-Regierungsrätin Heidi Hanselmann das Gesuch gut. Nun darf das Ehepaar bleiben.

Dagegen liefen SVP und «Weltwoche» Sturm. Der Entscheid sei Resultat eines «effizienten und reibungslosen» roten Filzes. Denn das Wiedererwägungsgesuch fiel in die Zuständigkeit von zwei von der SP geführten Departementen. Eigentlich hätte Justizdirektor Fredy Fässler entscheiden müssen. Weil er aber das Paar vor seiner Wahl in die Regierung als Anwalt vertreten hatte, trat er in den Ausstand. Das von der Gesamtregierung bestimmte Stellvertreterdepartement ist immer die Gesundheitsdirektion unter Hanselmann. Auf Antrag der SVP-Fraktion beauftragte das Kantonsparlament die Rechtspflegekommission, «diesen Fall weiter abzuklären». Jetzt liegt das Gutachten vor: «Das Wiedererwägungsverfahren wurde korrekt abgewickelt, die geltenden Zuständigkeits- und Verfahrensregeln wurden eingehalten.» Dafür hätte es kein Steuergeld verschwendendes Gutachten gebraucht. Das hätten SVP und «Weltwoche» mit minimaler Recherche selbst herausfinden können.

Nachtrag zum Artikel «Schutz für Secondos und Secondas» in WOZ Nr. 49/2014 .