Justiz: Grundrechtswidrige U-Haft-Bedingungen

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In Gefängnissen ist die Selbstmordrate vier- bis zehnmal höher als in Freiheit; Suizide in U-Haft sind noch einmal ungleich häufiger als im Strafvollzug (siehe WOZ Nr. 37/2014 ). Dies hat nicht zuletzt auch mit den Haftbedingungen zu tun, die in der U-Haft viel restriktiver sind als im normalen Vollzug. Aus grundrechtlicher Sicht ist dies mehr als fragwürdig, da für Untersuchungshäftlinge die Unschuldsvermutung gilt.

Deshalb hat die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) im Jahr 2014 sieben Schweizer Untersuchungsgefängnisse besucht, ihre Schlussfolgerungen veröffentlichte sie dieser Tage in ihrem Tätigkeitsbericht.

Im Jahr 2014 sassen in der Schweiz insgesamt 1892 Personen in Untersuchungshaft. Da die Bedingungen der U-Haft von Kanton zu Kanton anders geregelt sind, waren sie teils sehr unterschiedlichen Haftregimes ausgesetzt. Ein Grossteil der U-Häftlinge blieb jedoch während 23 Stunden am Tag in der Zelle eingesperrt. Dies steht im krassen Gegensatz zur Empfehlung des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) des Europarats, die besagt, dass Untersuchungshäftlinge mindestens acht Stunden täglich ausserhalb ihrer Zellen verbringen dürfen sollen.

Zelleneinschlüsse von mehr als zwanzig Stunden pro Tag sind auch laut der NKVF grundrechtswidrig. Gleiches gilt für Telefonverbote, wie sie etwa in Zürich oder in Basel-Stadt praktiziert werden.

Die NKVF fordert nun schweizweit gültige Richtlinien, die der besonderen Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen Rechnung tragen. Sie empfiehlt einen möglichst offenen Gruppenvollzug, mit ausreichend Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, sowie die Möglichkeit zu Aussenkontakten.