Medientagebuch zum politisches Netzwerk «Querfront»: Die Welt voller Feindbilder

Nr. 35 –

Rudolf Walther über die Querfront im Netz

Als Querfront wird ein rechtslastiges politisches Netzwerk in Deutschland bezeichnet, das sich selbst ebenso jenseits des Links-rechts-Schemas ansiedelt wie jenseits aller gesellschaftlichen Institutionen (Parteien, Verbände, Gewerkschaften) und medialen Einrichtungen. Der Publizist und WOZ-Autor Wolfgang Storz hat für die linke Otto-Brenner-Stiftung in Frankfurt am Main eine Studie über dieses Netzwerk erstellt, die im Internet frei zugänglich ist.

Die politischen AkteurInnen von Querfront verstehen sich als Sprachrohre des «Volks», ihre Texte sind Antworten auf «die» Politik, «die» Parteien, «die» Presse und «die» Medien, mit denen sie nichts mehr zu tun haben wollen. Die Selbstdarstellung dieses Netzwerks um Ken Jebsen und Jürgen Elsässer wird unter anderem über das Internetportal kenfm.de, über das Monatsmagazin «Compact» sowie über Publikationen im Buchverlag Kopp verbreitet; es sind vor allem politische Selbstausgrenzungen, denn die Welt von Querfront besteht aus Feindbildern.

Das Monatsmagazin «Compact» hat eine Auflage von 30 000 Exemplaren, die Filme und Talkshows von Jebsen auf kenfm.ch erreichen 100 000 bis 150 000 Zugriffe pro Monat, und der Kopp-Verlag («Informationen, die Ihnen die Augen öffnen») kommt mit sechzig MitarbeiterInnen auf einen Jahresumsatz von fünf bis zehn Millionen Euro.

Die Selbstausgrenzung des Querfront-Netzwerks aus dem klassischen Medienbetrieb dient der Identitätsstiftung für das anvisierte Zielpublikum, das sich dort nicht repräsentiert fühlt. Die AkteurInnen des Netzwerks haben sich die technologische Entwicklung des Internets zunutze gemacht, sie treten medienpolitisch agil auf und suchen ihre eigene Öffentlichkeit. Dabei drohe, so Wolfgang Storz, schon durch die Publikationsform eine Demontage von qualifizierter Öffentlichkeit und Demokratie: In dem Masse, wie durch die Dynamik neuer Medien potenziell jeder und jede zum Informationskanal werden kann, wird aus überprüfbaren, recherchierten Informationen schnell ein diffuser Meinungskosmos.

Deutlich zeigt sich die Gefahr in Storz’ Analyse des politischen Konzepts des Querfront-Netzwerks. Es versteht sich als jenseits von links und rechts, wirbt für die aktuelle Politik des Kreml und für die AfD (Alternative für Deutschland), agitiert gegen die EU, gegen Israel, gegen die Westorientierung der BRD und warnt vor dem «moralisch-kulturellen Zerfall» der Demokratie wegen der Zuwanderung von MuslimInnen und wegen des Sexualunterrichts in den Schulen. Besonders beliebt ist bei Querfront übrigens die SVP-Propaganda für das «Erfolgsmodell Schweiz» und für Geschichtsmythen wie den Schwindel, Marignano sei der Ursprung der schweizerischen Neutralität. Ähnlich wie die SVP-Propaganda und die Agitation des französischen Front National stützt sich das Querfront-Konzept auf die rustikale Instrumentalisierung der Begriffe «Identität», «Tradition» und «Souveränität» für eine nationalistisch-bornierte Politik.

Als Ziel des rechten Netzwerks identifiziert Wolfgang Storz eine «autoritäre nichtliberale Volks-Demokratie». Dabei zeigen sich die Grenzen seiner Studie. Was soll – ins Deutsche übersetzt – «Volks-Volks-Herrschaft» denn eigentlich bedeuten? Aus Storz’ Analyse wird klar, dass auf dem Sumpf des rechten Netzwerks keinerlei Demokratie entsteht, auch keine «Volks-Demokratie», sondern bestenfalls ein Willkürregime mit demokratischer Fassade.

Rudolf Walther schreibt für die WOZ 
aus Frankfurt. Die Studie von Wolfgang 
Storz ist als PDF erhältlich über 
www.otto-brenner-stiftung.de.