Diesseits von Gut und Böse: Im Golf nach Canossa

Nr. 43 –

Ich bin nach wie vor nicht sicher, ob das Grossinserat, das VW vorletzte Woche in der Schweizer Sonntagspresse schalten liess, als Bravourstück der Marketingstrategie gelten kann oder bloss eine gehobene Form des – verzeihen Sie die Ausdrucksweise – Schleimscheissens ist. Vermutlich beides, da sich diese Kriterien häufig decken.

Aus historischem Anlass erschienen die Inserate in Deutschland schon eine Woche vorher, der Platz war längst gebucht: «Eigentlich sollte hier unser Glückwunsch zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung stehen», hiess es da, gefolgt von einer Auflistung aller VW-Verdienste, die «eigentlich» im Inserat hätten stehen sollen, sich jedoch im Zuge der Ereignisse als obsolet erwiesen hatten.

Hierzulande ging das nicht. Also griff man auf einen Sprachduktus zurück, der – schweizspezifisch? – irgendwo zwischen kindlich und treuherzig oszilliert: «Wir haben das wichtigste Teil unserer Autos kaputt gemacht: Ihr Vertrauen. (…) Jedes Mal, wenn Sie eins unserer Fahrzeuge gekauft haben, haben Sie an uns geglaubt. Und trotzdem haben wir Sie nun enttäuscht.»

Doch selbst wenn die Träne noch so willig quillt – die Märkte wollen nur eines: Cash! Drum meine ich frei nach Rilke: Ihr Herren, es ist Zeit. Die Enttäuschung war sehr gross. Wer jetzt kein Auto hat, kauft am besten gar keins mehr.