EU-Flüchtlingsgipfel: Neue Treffen, alte Beschlüsse

Nr. 44 –

«Jeder Tag zählt. Sonst sehen wir bald Familien auf dem Balkan elend zugrunde gehen»: Diese Warnung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stand am Anfang des Gipfels von zehn EU-Ländern sowie Serbien, Mazedonien und Albanien am Sonntag. Die Beschlüsse lesen sich als Neuaufguss alter, aus humanitärer Sicht fataler Ansätze.

Besserer Informationsaustausch und gemeinsames Management der Migrationstrecks, mehr Zelte und Decken für Flüchtlinge, die auf der Balkanroute gestrandet sind: ein humanitärer Ansatz – der bei der Lektüre der restlichen Erklärung schnell in den Hintergrund gerät. Darin sendet die EU die altbekannten Signale: Abschottung, Abschreckung, Überwachung. In Auffanglagern auf dem Balkan sollen «aussichtsreiche» Flüchtlinge von «chancenlosen» getrennt und Letztere so schnell wie möglich zurückgeschafft werden. Zudem sollen Flüchtlinge besser darüber informiert werden, was ihnen droht, sollten sie sich einer Registrierung verweigern. So will man sie von den «gefährlichen Reisen» abschrecken – sprich: von Westeuropa fernhalten.

Die neuen Beschlüsse sind wenig mehr als kurzsichtige Notfallmassnahmen. Es ist kaum anzunehmen, dass sich der Flüchtlingstreck dadurch «verlangsamt», wie es in der Erklärung von Sonntag gewünscht wird. Stattdessen werden sich wohl lediglich die Fluchtrouten erneut verschieben.

Die Beschlüsse illustrieren auch einen verantwortungslosen Umgang mit den Ländern des Balkans: Den EU-Beitritt dieser Staaten hatte die EU unter anderem an den Beitritt zum Dublin-System gekoppelt und darüber hinweggesehen, dass diese Länder weder die nötige Infrastruktur noch Erfahrung im Umgang mit Flüchtlingen mitbrachten. Nun sollen diese Länder zum Bollwerk gegen Flüchtlinge werden.

Die Schweiz bleibt derweil weiterhin vom aktuellen Flüchtlingstreck verschont. Und hält daran fest, abgewiesene Flüchtlinge nach Osteuropa auszuschaffen. Diese Praxis brachte Bern nun erneut Kritik ein: Aufgrund der humanitären Lage auf der Balkanroute müsse die Rückführung in diese Länder unterbunden werden, forderten Amnesty International und andere Hilfswerke am Dienstag.