Fussball und andere Randsportarten: Ein richtig guter Werbespot

Nr. 6 –

Etrit Hasler über Fernsehwerbung beim Superbowl – und den besten Clip

Letzten Sonntag war es wieder so weit – das zweitgrösste Sportereignis der Welt direkt hinter der Fussballweltmeisterschaft: das Finale der American Football League, der Superbowl. Ich will Sie nicht mit Zusammenfassungen langweilen, weil entweder haben Sie das Spiel gesehen und möchten nicht an die deprimierende Defensivschlacht erinnert werden, oder aber Sie interessieren sich ohnehin nicht für das US-amerikanische Rasenschach.

Wie in jedem Jahr lief der spannendere Teil wieder einmal in den Pausen – kein Wunder, in einer Sportart, die darauf ausgelegt ist, so oft wie möglich von Fernsehwerbung unterbrochen zu werden. Denn der Superbowl ist so etwas wie die Oscar-Verleihung der Fernsehwerbung. Jedes Jahr versucht sich die sogenannte Kreativwirtschaft der USA daran, noch irrere, noch lustigere, noch wirksamere Werbespots zu produzieren, und blättert unfassbare Summen dafür hin – in diesem Jahr waren es zehn Millionen US-Dollar pro Minute.

Über die Jahrzehnte sind dabei Spots zusammengekommen, die aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken sind: die «Bud-Weis-Er» quakenden Frösche, zum Beispiel. «Golden Girl» Betty White als Footballspielerin in Snickers erster «Du bist nicht du, wenn du hungrig bist»-Kampagne. Und natürlich der revolutionäre Clip von 1984, in dem ein rebellischer Einzelner den Big-Brother-Bildschirm mit einem Hammer zerschmettert. Es war der Clip, mit dem Apple Computer der Welt den Macintosh präsentierte.

In diesem Jahr bot der Superbowl einen eher durchschnittlichen Querschnitt durch alles, was lustig und furchtbar ist (meist gleichzeitig) an amerikanischer Werbung: als Hotdogs verkleidete Hunde, die sich auf menschliche Ketchupflaschen stürzen. Ein verknoteter Plastilindarm, der für ein Abführmittel wirbt. Eine Audi-Werbung, die nicht einmal warten konnte, bis David Bowies Leichnam kalt ist, bevor er dafür missbraucht wird, ein Auto als Raumschiff anzupreisen. Und als Höhepunkt: die britische Schauspielerin Helen Mirren, die im Namen von Budweiser (sic!) betrunkene Autofahrer als «kurzsichtige, komplett unbrauchbare, Sauerstoff verschwendende, menschliche Formen von Umweltverschmutzung, Darwin-Award-würdige, egoistische Feiglinge» bezeichnete, deren Gehirne von der Wissenschaft zurückgegeben würden, falls sie auf die Idee kämen, diese zu spenden.

Doch den besten Spot konnte man nicht in der Werbepause sehen – auch wenn er extra für den Superbowl produziert worden war. Es handelte sich dabei um den Spot «Proud to be» des National Congress of American Indians, also des Dachverbands der US-UreinwohnerInnen. Während zweier Minuten werden dabei vor einer Mischung aus historischen und aktuellen, aus glorifizierenden und desillusionierenden Bildern von Sitting Bull bis zu betrunkenen ReservatsbewohnerInnen verschiedenste Begriffe und Stammesnamen heruntergebetet. Bis zur überraschenden Wendung: «Amerikanische UreinwohnerInnen geben sich viele Namen. Aber nicht diesen …» Und dann wird der Helm der Washington Redskins eingeblendet.

Der Clip ist ein weiterer Schritt in einer Kampagne, die das Footballteam aus Washington dazu zwingen will, seinen Namen (der von den UreinwohnerInnen als rassistische Beleidigung empfunden wird) endlich zu ändern. Die Kampagne ist nicht neu und hat einiges an Support: Diverse amerikanische Medien weigern sich inzwischen, das Team irgendetwas anderes als «Washington» zu nennen, und vor den US-Gerichten ist seit längerer Zeit ein Rechtsstreit hängig, ob der Begriff «Redskin» überhaupt markenrechtlich geschützt sein darf.

Und obwohl der Clip wohl nirgends so gut gepasst hätte – am Superbowl lief er nicht. Die Footballliga verbietet explizit alles, was einen irgendwie gelagerten politischen Bezug haben könnte. Davon abgesehen – der Nationalkongress hätte sich die zwanzig Millionen wohl kaum leisten können.

Etrit Hasler ist Slampoet und Footballfan. Der Clip zur Namensänderung findet sich unter www.changethemascot.org/proud-to-be.