Zaha Hadid (1950–2016): Glanz und Elend der Weltarchitektur

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Messner Mountain Museum Corones auf dem Kronplatz, Südtirol, 2015. Foto: Leonhard Angerer

Ihr erstes Gebäude wurde 1993 verwirklicht: ein Feuerwehrhaus für die Möbelfabrik Vitra in Weil am Rhein, voller fliehender Wände, scharf in den Himmel ragend. Da war Zaha Hadid bereits 43-jährig und hatte verschiedene Architekturwettbewerbe gewonnen, ohne dass die Bauherren gewagt hätten, ihre kühnen Projekte umzusetzen.

Erstmals Aufsehen erregt hatte die irakisch-britische Architektin 1983 mit «The Peak», einem Modell für ein Fitnesscenter in den Hügeln von Hongkong. Sie nahm die Linien des Hügels auf und führte sie nach innen und nach aussen zu eigenständigen Geländeformationen weiter. Das Gerücht über eine neue, noch nicht verwirklichbare Architektur war geboren. Zaha Hadids Projekte zersplitterten alle rechten Winkel. Die Linie wurde in den Raum hinein verlängert, mit Ausbuchtungen und schiefen Vorbauten, die die Schwerkraft zu überwinden schienen. Gegen den postmodernen Eklektizismus setzte sie die grandiose Wucht des Gesamtgefühls.

Die Umsetzung ihrer Projekte stiess weiterhin auf Schwierigkeiten; ein prämiertes Opernhaus für Cardiff wurde 1995 zweimal abgelehnt. Noch 2007 sollte ein neues Stadtcasino für Basel in einer Volksabstimmung scheitern.

Dabei war Zaha Hadid um die Jahrtausendwende endlich der Durchbruch gelungen. Ihre Bauten wurden zu Ikonen: die Sprungschanze Bergisel in Innsbruck, ein Verwaltungsgebäude für BMW in Leipzig, verschiedene Museen und Bibliotheken in den USA und in Europa. Als erste Frau gewann Zaha Hadid die prestigeträchtigsten Preise für Architektur und avancierte zur Stararchitektin. Dazu gehörte auch ihr flamboyantes Auftreten. Einer reichen, politisch einflussreichen Familie aus Mosul im Irak entstammend, vertrat sie ihre Positionen selbstbewusst und liess sich kaum von Budgeterwägungen hindern.

Selbst griff sie zunehmend zu weicheren, runderen, organischeren Formen, blieb dabei aber entschieden urban und global. Zuweilen traten der Dialog mit der Umgebung und die Funktionalität gegenüber der grandiosen Geste des Einzelgebäudes als Kunstwerk in den Hintergrund. Und sie folgte der – männlich dominierten – globalen Architekturindustrie und liess sich mit autokratischen Regimes in China, in den Golfstaaten und in den zentralasiatischen postsowjetischen Staaten ein. In Baku errichtete sie ein Kulturzentrum für die korrupte Herrscherfamilie Aserbaidschans, und das Fussballstadion in Katar war von Beginn an kontrovers. Am Donnerstag letzter Woche ist Zaha Hadid, erst 65-jährig, einem Herzinfarkt erlegen. Sie hat der Architektur neue Räume eröffnet.