Diesseits von Gut und Böse: Als die Männer kalt assen

Nr. 23 –

«Am 14. Juni, war da mal was?», fragt mich eine junge Freundin. Und ob! Vor genau 25 Jahren war Frauenstreiktag. Rund eine halbe Million Schweizerinnen gingen auf die Strasse, um gegen die harzige Umsetzung des bereits zehn Jahre alten Gleichstellungsartikels zu demonstrieren. Denn ob als Anwältinnen oder Putzkraft: Die Frauen arbeiteten für weniger Geld und oft zu schlechteren Bedingungen als die Männer. Der Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» war ein leeres Versprechen geblieben.

Bis heute. Noch immer haben wir keine Lohngleichheit. Noch immer übernehmen meist Frauen die unbezahlte Hausarbeit oder Pflegeaufgaben in der Familie. Doch ein ähnlich erfolgreicher Aktionstag wie vor 25 Jahren ist nicht in Sicht.

Vielleicht bräuchte es dafür wieder jemanden wie die damalige Initiantin und spätere Bundesratskandidatin Christiane Brunner. Die Genferin warb überall in der Schweiz für eine gemeinsame Aktion – und wirkte ansteckend. So auch an einer Gewerkschaftsversammlung in der Ostschweiz, wo man ihrem Vorhaben sehr kritisch gegenüberstand. Bis zu dem Moment, als sich eine über achtzigjährige Frau zu Wort meldete: Ihr Mann müsse am 14. Juni kalt essen, denn sie werde dann am Streiktag sein. Daraufhin kippte die Stimmung; der Frauenstreiktag wurde zum grossen Erfolg.

Ich bin drum für ein deftiges Café complet am 14. Juni – auf dass uns der Schnauf nicht ausgehe!