Was weiter geschah: Weiterbaggern in der Lausitz

Nr. 27 –

Schwedens rot-grüne Regierung poliert die CO2-Bilanz des Landes auf, ohne das Klima zu entlasten: Sie hat dem staatlichen Energiekonzern Vattenfall erlaubt, seine Braunkohlesparte in der ostdeutschen Lausitz zu verkaufen. Schwedische und internationale Umweltorganisationen und AktivistInnen hatten vehement gefordert, dass Vattenfall seine Lausitzer Fördergebiete renaturiert und sich geordnet und sozialverträglich aus der Region zurückzieht. Stattdessen wandern die Tagebaue und Kraftwerke nun in den Besitz eines Konsortiums um den tschechischen Energieversorger EPH, der die Braunkohle noch während Jahrzehnten aus dem Boden zu holen gedenkt.

Kohlestromproduzenten stehen in Europa seit einiger Zeit unter wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Druck. Weil sich das Geschäft für die grossen Energiefirmen kaum mehr rechnet, suchen sie vermehrt nach Wegen, ihre Kohlesparten abzutreten. EPH stand schon mehrere Male als williger Käufer bereit: Der Konzern übernahm, wo die Rentabilität für andere zu niedrig war. EPH ist ein relativ neuer Player auf dem Strommarkt und wurde erst 2009 gegründet. Die Firma befindet sich in Privatbesitz – weder AktionärInnen noch der tschechische Staat haben Einfluss auf die Betriebsstrategie. Soziale und ökologische Aspekte dürften auf der Prioritätenliste relativ weit unten stehen. So müssen die etwa 8000 Vattenfall-Angestellten in der Lausitz befürchten, dass die EPH künftig auf ihre Kosten Profit macht.

Es liege in Deutschlands Verantwortung, seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren, liessen Schwedens SozialdemokratInnen verlauten. Die Bevölkerung sieht dies offenbar anders: Bei einer Umfrage von Umweltverbänden sprachen sich fast die Hälfte der Befragten gegen den Deal aus, bloss 27 Prozent waren dafür. Nun rechtfertigt die Regierungskoalition ihren Entscheid. Hätte man den Verkauf untersagt, würde Vattenfall die Braunkohle eben weiterhin selber fördern. Zudem habe es keine formalen Gründe gegeben, den Deal nicht zu bewilligen.

Nachtrag zum Artikel «48 Stunden Kohlenkampf» in WOZ Nr. 20/16 .