Schlacht um Aleppo: Das Bauernopfer im syrischen Bürgerkrieg

Nr. 31 –

Über Aleppo hingen dichte schwarze Rauchschwaden. Kinder und Jugendliche hatten zwei Tage lang Autoreifen angezündet, um die Luftangriffe syrischer und russischer Kampfflugzeuge zu verhindern. Aber der Einsatz der Jungen aus dem von RebellInnen besetzten Ostteil Aleppos scheint wenig geholfen zu haben. Denn die von allen Rebellengruppen getragene Offensive vom vergangenen Sonntag ist ins Stocken geraten. Die syrische Armee ging am Montag zum Gegenstoss über, unterstützt von schweren Bombenangriffen aus der Luft.

Nachdem die Türkei und die Golfstaaten über vier Jahre lang wechselnde Milizen unterstützt hatten, die auf syrischem Boden für ihre Interessen gekämpft hatten, lassen sie diese nun im Stich – die Unterstützer wollen den Stellvertreterkrieg nicht mehr fortführen. Die ehemaligen Feinde in Riad und Ankara haben einen Freundschaftsvertrag geschlossen, und die Türkei schloss gar mit dem verhassten Russland Frieden. Den Rebellen in Aleppo war es nicht möglich, ohne die Waffenlieferungen ihrer Unterstützer die Einkesselung zu verhindern.

Im Februar hatten sich die USA und Russland auf eine gemeinsame Strategie geeinigt: Die Terrorgruppen «Islamischer Staat» (IS) und Dschabhat Fatah al-Scham (ehemals Al-Nusra-Front) sollen zerschlagen werden. Und Präsident Baschar al-Assad soll früher oder später sein Amt niederlegen – wobei aber die staatlichen Strukturen des Regimes erhalten bleiben sollen. Das ist der gemeinsame Nenner, der die beiden Grossmächte zusammenbrachte. Im Kampf gegen den Terror hatte es jedoch sowieso nie grosse Unterschiede gegeben. Und einen Regimewechsel zu vermeiden, das ist die Lektion der USA aus ihrer desaströsen Invasion im Irak.

Mit der Einkesselung sollen die Rebellen dazu gebracht werden, endlich mitzuspielen und nicht mehr auf einen Komplettumbruch des syrischen Staats zu pochen. Ausserdem sollen sie sich von radikalen islamistischen Gruppen wie al-Kaida distanzieren. Die Bedeutung der verkündeten Trennung der ehemaligen Al-Nusra-Front und al-Kaida dürfte nicht mehr als symbolisch sein, da die Al-Nusra-Kämpfer selbst zu einem Grossteil al-Kaida angehören.

Den grössten Preis zahlen nun die rund 250 000 ZivilistInnen, die noch immer im von den Rebellen kontrollierten Osten der Stadt eingeschlossen sind. Ohne ausreichende Lebensmittel, Benzin und medizinische Versorgung ist eine humanitäre Katastrophe vorprogrammiert. Aleppo wird zum Bauernopfer im syrischen Bürgerkrieg.