Editorial: Die Zukunft der Gesellschaft wird in der Schule entschieden

Nr. 37 –

  • Illustration: Alice Bucher
  • Illustration: Lika Nüssli
  • Illustration: Alina Günter
  • Illustration: Corinna Staffe
  • Illustration: Marcel Bamert
  • Illustration: Zisou

Was für eine Schule wollen wir? Über diese Frage wird landauf, landab gestritten. Eltern fordern kompatiblere Unterrichtszeiten, Lehrerinnen kleinere Klassengrössen, Wirtschaftsverbände mehr Mathematik- und Informatikstunden, Gewerbler eine tiefere Mittelschulquote und PolitikerInnen mal mehr Englisch, dann wieder später oder früher Französisch oder schlicht mehr Leistung, damit die Schweiz im internationalen Wettbewerb bestehen könne. Neue Lehrpläne müssen her und werden wieder infrage gestellt, Leistungen werden über die Kantons- und Landesgrenzen hinweg mit Pisa- und anderen Studien verglichen.

Die Schule mobilisiert die unterschiedlichsten Anspruchsgruppen. Sie bildet nicht nur den gesellschaftlichen Wandel ab, sondern soll diesen auch voranbringen. Doch wer entscheidet über den Wandel und die Zukunft der Schule? Die BildungspolitikerInnen? Die verschiedenen Anspruchsgruppen? Die Stimmbevölkerung? Die LehrerInnen? Oder die SchülerInnen selber?

Tatsache ist: Das öffentliche Bildungswesen steht an einem entscheidenden Punkt. Soll es sich noch mehr an den Anforderungen des (globalen) Arbeitsmarkts ausrichten? Oder soll es den Menschen und sein Recht auf freie Entfaltungsmöglichkeit wieder in den Fokus rücken? «Wieder» bedeutet hier nicht einfach, einen nostalgischen Blick zurück auf Pestalozzis Zeiten und die Einheit von Kopf, Hand und Herz in der Bildung zu werfen. Es geht um die Schule der Zukunft und die Frage, wie wir künftig leben wollen – eine Frage, die nur auf der Basis einer Schulbildung beantwortet werden kann, die sich nicht an einer von aussen verlangten Disziplinierung, Vermessung, Standardisierung und Normierung orientiert.

Die WOZ hat öffentliche Bildungsstätten von der Primarschule bis zur Universität besucht, die anderen Idealen nachleben als der ökonomischen Verwertbarkeit von Bildung. Sie ist auf LehrerInnen getroffen, die gemeinsam neues Lehrmaterial entwickeln und mit jedem Kind ein individuelles Lernprojekt verfolgen; auf Kinder, die mit Begeisterung eigene Fragen stellen und sich Wissen selbstständig aneignen; auf Jugendliche, die sich für interkulturellen Austausch engagieren, und auf junge Erwachsene, die an der Uni trotz Bologna-getriebenem Punktesammeln alternative Veranstaltungen auf die Beine stellen.

Die ReformerInnen für eine solidarischere und selbstbestimmtere Schule sind derzeit eher leise unterwegs. Sie bewegen sich in Nischen. Die grossen Debatten werden von denen geprägt, die nach mehr Leistung, Kompetenzorientierung und Messbarkeit rufen. Diese Beilage ist ein Versuch, den leiseren Stimmen mehr Gehör zu verschaffen. Für die Bebilderung dieser Beilage danken wir den sechs IllustratorInnen, die sich für uns mit dem Thema «Schule der Zukunft» auseinandergesetzt haben.