Fahrende: Antiziganismus von rechts – und von links

Nr. 37 –

Wer Zeitungen liest, könnte meinen, dass Antiziganismus hierzulande kein Thema sei. Zumindest wird die Diskriminierung von Fahrenden kaum je als solche benannt. Selbst die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus übt sich dazu in Schweigen.

Dabei sind allein im Kanton Bern in den letzten Wochen mehrere antiziganistische Aussagen gefallen. So hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Ende Juni Strafanzeige gegen einen Lysser SVP-Gemeinderat eingereicht, der sich verächtlich über Jenische, Sinti und Roma geäussert hat. Auch gegen den grünliberalen Bieler Stadtrat, der behauptete, dass Roma «kein normales Volk» seien, prüft die GfbV zusammen mit Romaorganisationen rechtliche Schritte.

Der Antiziganismus dieser Tage kommt nicht nur von rechts – er regt sich auch links. Das zeigte sich diese Woche im Berner Grossen Rat. Dabei wurde die Errichtung von drei neuen Durchgangsplätzen beschlossen – für Jenische, Sinti und einige Roma aus der Schweiz. In der Debatte zur Schaffung eines Transitplatzes für ausländische Fahrende hingegen äusserte sich nicht einE ParlamentarierIn zur systematischen Ausgrenzung, der insbesondere ausländische Fahrende ausgesetzt sind. Stattdessen fand eine grüne Volksvertreterin kein besseres Argument für einen Transitplatz für ausländische Fahrende, als dass die Polizei dadurch besser auf sie zugreifen könne.

Die Zurückweisung des Antrags ist umso fataler, als Bern aufgrund seiner Lage nahe der deutschen und französischen Grenze sowie der recht guten Erwerbsmöglichkeiten besonders rege von ausländischen Fahrenden frequentiert wird. Laut Angela Mattli von der GfbV benötigte es im Gebiet der Kantone Bern, Jura, Solothurn und Neuenburg mindestens zwei bis drei Transitplätze.

Mit ihrem Entscheid schüren die Berner VolksvertreterInnen zudem die latenten Konflikte zwischen in- und ausländischen Fahrenden, die durch die Verknappung des Angebots an Durchgangsplätzen immer wieder auflodern. Vor allem aber missachten sie damit die Verfassung: Aufgrund des Diskriminierungsverbots sowie des Prinzips der Gleichbehandlung und der Personenfreizügigkeit steht der Kanton Bern in der Pflicht. Er muss auch den Bedürfnissen von ausländischen Fahrenden nachkommen.