Wichtig zu wissen: Planetenweggeschichten

Nr. 37 –

Ruedi Widmer über die Schweiz der Wege

Wer auf den schönen Juraberg Weissenstein ob Solothurn steigt, wird sich eines Planetenwegs gewahr, wie man ihn auch von anderen publikumswirksamen Anhöhen kennt, wie beispielsweise vom Uetliberg oder von der Lägern bei Regensberg. Es gibt noch ein Dutzend weitere.

Die meisten von ihnen sind im Massstab 1 : 1 Milliarde gehalten, und dementsprechend beträgt die Strecke zwischen der Sonne (einer gelben, ungefähr gymnastikballgrossen Kugel) bis zum Pluto (einem winzigen Kügeli) 5,9 Kilometer.

Einen besonderen Reiz auf dem Weissenstein bildet eine Abzweigung zwischen dem Mars und dem Jupiter, an der man laut Wegweiser entweder den Planetenweg weitergehen oder aber einen «Hammerweg» nehmen kann.

Hammerwege sind meist etwa 3,9 km lang und im Gegensatz zu den Planetenwegen im Massstab 1 : 1 gehalten. Am Anfang steht der Vorschlaghammer. Er ist das Zentrum des Hammersystems. Um ihn herum kreisen der Schlosserhammer, der Schreinerhammer, der Schieferhammer, der wunderbare Apfelsinenkistenhammer, der Hufhammer, der Klauenhammer, der Auktionshammer, der Richterhammer. Der kleinste Hammer, der sogenannte Perkussionshammer, mit dem einem der Arzt aufs Knie klopft, befindet sich am äussersten Ende des Hammersystems.

Für eher völkische WanderInnen gibt es den SVP-Weg, der vom Wängibühl in Herrliberg bis zum Bundi führt. Im Zentrum steht der Blocher, das Sünneli, eine Kugel mit 29,4 Meter Durchmesser. Bereits beim Chleeweidweg sehen wir (nur noch so gross wie eine Faust) den Köppel, der noch zum inneren Zirkel gehört. Ein ganzer Ring aus Schutt, der Politikergürtel, trennt dann das innere System vom äusseren. Die grössten dieser Brocken tragen Namen wie Amstutz, Brunner, Martullo, Vogt, Mörgeli, Rösti, die meisten haben aber Nummern. Eine Tafel darüber steht auf der Höhe Guugen. Es folgen weitere Satelliten des Blochersystems, wie der Pfister (bei der Rossweid) oder der inzwischen erloschene Darbellay (beim Hübschacher), der seit wenigen Tagen von einem weiteren Kind umkreist wird. Der Darbellay ist schon von weitem erkennbar an seinem grossen Ehering. Der Weg führt weiter zur Gössi (beim Bühl) und endet beim Somm (im Kohlhopper) mit seiner verkraterten Medienlandschaft.

Auch viele Zahlenwege finden sich in der Schweiz. Der Zahlenweg an der Stadthausstrasse in Winterthur ist besonders hübsch, weil er nur ganz spezielle Zahlen präsentiert. Er beginnt beim Haus Zum Warteck, an dem die Zahl 41 steht. Die Zahlen sind gut sichtbar auf blauen Täfelchen oberhalb oder neben den Hauseingängen angebracht. Eine ganze Reihe bemerkenswerter Zahlen wie 77, 113 oder 115 kann man so bewundern und über die Entfernungen zwischen ihnen staunen. Der Zahlenweg endet bei der Zahl 143. Sie ist am Gebäude des Restaurants Boulevard angebracht, in das der Wanderer nach der anstrengenden und erlebnisreichen Zahlentour zur Einkehr geladen ist.

Findige Köpfe haben irgendwann begonnen, zwischen den Zahlentäfelchen Arztpraxen und Anwaltbüros einzurichten, weil auf dem Zahlenweg Pilgernde oft vor Erschöpfung zusammenbrachen. Später kamen auch Geschäfte dazu, die sich die Geldbörsen der Zahlenweggehenden zunutze machten (wer sich für Zahlen interessiert, interessiert sich meist auch für Geld und hat ein gewisses Vermögen). Traité-Spirituosen und -Weine, Beltone-Hörberatungen, Rahme-Lade, Metzgerei Gubler, um nur die bekanntesten zu nennen.

In praktisch jedem grösseren Ort laden Automarkenwege mit verschiedenen parkierten Autos wissenschaftlich interessierte Wandernde ein. Es gibt sogar Menschenwege, auf denen einem (wie von Zauberhand von alleine gehende) Menschen entgegenkommen.

Entdecken Sie die Schweiz der Wege!

Wer von der Winterthurer Stadthausstrasse abzweigt, entdeckt an der Turnerstrasse den Karikaturisten Widmer.