Dario Fo (1926–2016): Grotesk, vulgär, possenhaft

Nr. 42 –

Als Dario Fo 1997 den Nobelpreis für Literatur bekam, herrschte in Italien ungläubiges Staunen. Dass die politische Rechte schäumte und das vatikanische Zentralorgan «Osservatore Romano» die Ehrung für den antiklerikalen Satiriker als Provokation empfand, war voraussehbar. Aber auch die grossen Tageszeitungen reagierten mit Unverständnis: War das überhaupt Kunst, was Fo da produzierte? Und war er nicht eher Regisseur, Schauspieler und Kabarettist als Literat?

Anders als die etablierte Literaturkritik meinte, ist Fos Werk nicht trivial, sondern im besten Sinn volkstümlich. Er selbst sah sich in der Tradition des mittelalterlichen Spielmanns, der «aus dem Volk kommt, aus dem Volk seinen Zorn bezieht, den er mithilfe des Grotesken, der Vernunft, wieder ins Volk zurückträgt, damit dem Volk seine Lage bewusst wird». Seine bekanntesten Theaterstücke entstanden in den konfliktreichen Jahren nach 1968. In «Zufälliger Tod eines Anarchisten» kommentiert Fo den Sturz Pino Pinellis aus dem vierten Stock des Polizeipräsidiums. Nach dem faschistischen «Staatsmassaker» von Mailand, bei dem im Dezember 1969 siebzehn Menschen durch eine Bombe starben, fand es die Polizei opportun, linke Anarchisten wie Pinelli als Täter vorzuführen.

In Italien ist «Mistero buffo» aus dem Jahr 1969 das am meisten zitierte seiner Stücke: In mehreren Episoden setzt Fo dem frommen Glauben an den wundertätigen Heiland einen rebellischen Jesus entgegen, der die unterdrückten Bauern zum Kampf gegen die «Blutsauger dieser Welt» auffordert. Solche Agitation brachte ihm etwa vierzig Gerichtsverfahren ein, unter anderem wegen Aufforderung zu Straftaten.

Im deutschsprachigen Raum war das 1974 entstandene Stück «Non si paga! Non si paga!» («Bezahlt wird nicht!») besonders erfolgreich. Auch die proletarischen HeldInnen, die sich in Supermärkten zum Nulltarif bedienen, werden in ihrer zuweilen tumben Unbeholfenheit dem Spott des Publikums preisgegeben. Fos Theaterkollektiv liebt es, «grotesk, vulgär und manchmal auch possenhaft» zu sein, denn: «Wir sind überzeugt, dass im Gelächter, im Grotesken der Satire, der höchste Ausdruck des Zweifels liegt, die wichtigste Hilfe der Vernunft.»

In den vergangenen Jahren machte Fo vor allem als prominenter Fan Beppe Grillos von sich reden. Am 13. Oktober, mehr als drei Jahre nach Franca Rame, seiner Frau und kongenialen Theaterpartnerin, starb auch Dario Fo. Seine Stücke bleiben – als Stoff nicht nur für Profis, sondern auch zum Selbermachen für FreundInnen des politischen Theaters.