Atomausstieg: Ungeliebtes Geschenk

Nr. 45 –

In vertraulicher Runde werden die Chefs ehrlich. Laut einem der «SonntagsZeitung» zugespielten Protokoll hat Jens Alder der Umweltkommission des Nationalrats erzählt, wie er versuchte, die AKWs Gösgen und Leibstadt loszuwerden. Alder ist Verwaltungsratspräsident des Energieunternehmens Alpiq und fürchtet, die AKW würden das Unternehmen in den Abgrund ziehen. Er hatte sie dem staatlichen französischen Energieunternehmen EDF angeboten. Der Konzern lehnte ab, weil er mit den eigenen AKWs ausreichend Probleme hat.

Offenbar war Thomas Sieber, der Axpo-Verwaltungsratspräsident, auch an der besagten Sitzung und teilt Alders Ansichten. Die beiden wären froh, wenn sie ihre AKWs dem Bund schenken könnten. Was die Alpiq vor dem Konkurs retten und die Kantone, denen die Axpo gehört, mächtig entlasten würde.

Dass AKW-Strom teuer ist, weiss man seit langem. Als Leibstadt 1984 eingeweiht wurde, bekannte der damalige Direktor, eine Kilowattstunde (kWh) Leibstadt-Strom werde elf Rappen kosten. Kein anderes Kraftwerk der Schweiz produzierte damals so teuren Strom. Das war aber egal, da alle mitbezahlten, weil es keinen freien Markt gab – heute gibt es ihn, und die kWh bekommt man für zwei bis drei Rappen. Damals hiess es auch, in der Schweiz werde bald der Strom knapp. Zu jener Zeit waren drei Neubauten im Gespräch: Kaiseraugst, Graben, Inwil. Keines wurde gebaut.

Und heute: Wäre 2011 nicht der Atomunfall in Fukushima passiert, ginge es der Alpiq finanziell noch erbärmlicher. Sie hatte es 2008 extrem eilig, als Erste in der Schweiz ein neues AKW zu bauen. BKW und Axpo folgten mit eigenen Projekten. Die Abstimmung über die Neubauten war für 2012 geplant.

Erst vor einem Monat haben die drei Unternehmen ihre Gesuche zurückgezogen, mit der Begründung, der Markt sei ein ganz anderer. Ist er nicht, der Markt ist schon seit Ende der neunziger Jahre liberalisiert. Fukushima war ihr Glück. Die dreifache Kernschmelze hat ihnen Zeit beschert, es auch noch zu merken.

Wenn sie noch mehr Glück haben, wird am 27. November die Ausstiegsinitiative angenommen. Dann wird der Bund eine Lösung für sie finden müssen.